Schon jetzt erhält ein Standardrentner weniger als die Hälfte seines bisherigen Erwerbseinkommens als gesetzliche Altersrente. Und es wird nach dem aktuellen Rentenversicherungsbericht der Bundesregierung in den nächsten 15 Jahren noch weniger. Zudem müssen unter anderem die Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit steigenden gesetzlichen Rentenversicherungsbeiträgen rechnen.
Keine Entwarnung trotz verbesserter finanzieller Lage
Vor Kurzem hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales den neusten Rentenversicherungsbericht der Bundesregierung veröffentlicht. Der jährlich bis Ende November zu erstellende Bericht gibt unter anderem Auskunft über die aktuelle finanzielle Lage der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV). Enthalten sind außerdem Modellrechnungen auf Basis unterschiedlicher Annahmen zur Lohn- und Beschäftigungsentwicklung, die aufzeigen, wie sich das Rentenniveau, auch Sicherungsniveau vor Steuern genannt, und der Beitragssatz zur GRV in den nächsten 15 Jahren entwickeln könnten.
Nicht zuletzt aufgrund der guten Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt und der damit verbundenen Beitragsmehreinnahmen hat sich nach Aussagen der Bundesregierung die finanzielle Lage der GRV verbessert. Laut Rentenversicherungsbericht wird die Nachhaltigkeitsrücklage – also die Überschüsse der Einnahmen zu den Ausgaben der GRV – Ende 2023 voraussichtlich bei 44,5 Milliarden Euro liegen. Das wären rund 1,7 Milliarden Euro mehr als noch Ende 2022.
Die Nachhaltigkeitsrücklage dient laut BMAS dazu, „unterjährige Liquiditätsschwankungen auszugleichen und in Zeiten positiver wirtschaftlicher Entwicklung Mittel aufzubauen, um bei ungünstiger Konjunktur den Beitragssatz zu stabilisieren“. Die Rücklagen Ende dieses Jahres entsprechen voraussichtlich dem knapp 1,7-Fachen der Monatsausgaben der GRV.
Doch trotz der aktuell verbesserten finanziellen Lage gibt es auf 15-Jahres-Sicht weder bei der Beitragshöhe noch beim Rentenniveau eine Entwarnung: Laut den mittel- und langfristigen Modellrechnungen ist davon auszugehen, dass das Rentenniveau bereits ab nächstem Jahr weiter fallen und der Beitragssatz der allgemeinen Rentenversicherung, den beispielsweise Arbeitnehmer und Arbeitgeber jeweils zur Hälfte zu tragen haben, ab dem Jahr 2028 steigen wird.
Rentenniveau bis zum Jahr 2037 nur noch bei 45 Prozent
Aktuell beträgt das Rentenniveau für einen Standardrentner knapp 48,2 Prozent. Damit liegt in diesem Jahr die gesetzliche Altersrente eines Standardrentners unter der Hälfte seines bisherigen Nettoerwerbseinkommens.
Das Rentenniveau verdeutlicht, wie hoch die gesetzliche Altersrente eines sogenannten Standardrentners im Vergleich zum aktuellen Durchschnittsnettoeinkommen eines gesetzlich rentenversicherten Arbeitnehmers ist. Der Standardrentner ist dabei ein Musterrentner, der bis zu seinem Rentenbeginn 45 Jahre lang ein Gehalt in Höhe des jährlichen Durchschnittsentgeltes eines gesetzlich rentenversicherten Arbeitnehmers hatte und entsprechende Beiträge in die GRV einzahlte.
Laut den Vorausberechnungen im Rentenversicherungsbericht wird es in 2024 beim Rentenniveau einen Rückgang auf 48,1 Prozent geben. Bereits 2025 würde das Rentenniveau jedoch unter der gesetzlich festgelegten Höhe von 48,0 Prozent liegen. Konkret gibt es seit 2019 mit dem Rentenversicherungs-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz eine gesetzlich festgelegte doppelte Haltelinie, die in den §§ 154 Absatz 3 und 287 SGB VI zu finden ist. Demnach darf das Rentenniveau bis 2025 nicht unter 48,0 Prozent liegen. Zudem kann der Beitragssatz bis 2025 nicht unter 18,6 Prozent fallen und nicht über 20,0 Prozent steigen.
Im Rentenversicherungsbericht steht: „Im Jahr 2025 greift die Haltelinie für das Mindestsicherungsniveau gemäß dem RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz und der aktuelle Rentenwert wird in geringem Umfang so angehoben, dass das Mindestsicherungsniveau in Höhe von 48,0 Prozent eingehalten wird.“ Nach 2025 wird laut den Vorausberechnungen das Rentenniveau jedes Jahr weiter fallen, nämlich von 48,0 im Jahr 2026 auf 46,9 Prozent im Jahr 2030 bis auf 45,0 Prozent im Jahr 2037.
Bundesregierung rät zur zusätzlichen Altersvorsorge
Im aktuellen, wie auch im letztjährigen Rentenversicherungsbericht wird aufgrund des fallenden Rentenniveaus neben der gesetzlichen Rente zu einer zusätzlichen Altersvorsorge geraten. Konkret ist hier zu lesen: „Der Rückgang des Sicherungsniveaus vor Steuern macht deutlich, dass für die Versicherten Handlungsbedarf besteht, die Einkommen im Alter zu verbessern. Es ist daher ratsam, frühzeitig die finanziellen Spielräume des Alterseinkünftegesetzes und die staatliche Förderung zu nutzen, um eine zusätzliche Vorsorge aufzubauen.“
Dies ist umso wichtiger, da die Mehrheit der gesetzlich Rentenversicherten bis zum Rentenalter nicht die Kriterien eines Standardrentners erfüllen und somit deren Rentenniveau noch niedriger ist. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn man dauerhaft oder zeitweise ein niedrigeres Arbeitseinkommen hat als das Durchschnittseinkommen eines gesetzlich rentenversicherten Arbeitnehmers und/oder bis zum Rentenbeginn weniger als 45 Jahre erwerbstätig ist.
Allein letztes Jahr hatten rund sechs von zehn Neurentnern, die 2022 erstmals eine gesetzliche Altersrente erhalten haben, Beitragszeiten von weniger als 45 Jahren vorzuweisen.
Beitragssatz steigt auf über 21 Prozent bis 2035
Es ist jedoch nicht nur mit einem sinkenden Rentenniveau zu rechnen, sondern auch mit einem Anstieg des GRV-Beitragssatzes, wie die Modellrechnungen verdeutlichen. Anders als beim Rentenniveau wird hier jedoch die gesetzlich vorgegebene Haltelinie (Höchstwert) von 18,6 Prozent im Jahr 2025 eingehalten.
Obwohl die Nachhaltigkeitsrücklage für 2024 und 2025 laut Vorausberechnungen über dem 1,5-Fachen, nämlich jeweils beim 1,6-Fachen der GRV-Monatsausgaben liegen wird und dies gemäß § 158 SGB VI eigentlich zu einer Beitragsreduzierung führen würde, bleibt der Beitragssatz der allgemeinen Rentenversicherung aufgrund der gesetzlich festgelegten Mindesthöhe bis 2025 bei 18,6 Prozent.
Auch in den Jahren 2026 und 2027 wird der Beitragssatz weiterhin bei 18,6 Prozent bleiben, da die Nachhaltigkeitsrücklage am Ende des jeweiligen Jahres in dieser Zeit nicht unter dem 0,2-Fachen und nicht über dem 1,5-Fachen der GRV-Monatsausgaben liegen wird. Danach wird der Beitragssatz laut den Modellrechnungen von 18,7 Prozent im Jahr 2028 auf 20,2 Prozent im Jahr 2030 und weiter bis auf 21,1 Prozent in den Jahren 2035 bis 2037 steigen.
Haltelinien von 2030 werden voraussichtlich eingehalten
Die Haltelinien, wie sie in § 154 Absatz 3 SGB VI festgelegt sind, nämlich bis zum Jahr 2030 ein Rentenniveau von mindestens 43 Prozent sowie ein GRV-Beitragssatz von höchstens 22 Prozent, werden in Modellrechnungen der mittleren Variante, wie die genannten Zahlen zeigen, nicht überschritten.
Die Basis für die Voraussagen des Rentenversicherungsberichtes von 2023 bis zum Jahr 2027 sind Einschätzungen des interministeriellen Arbeitskreises „Gesamtwirtschaftliche Vorausschätzungen“. Die Experten gehen von einer Lohnsteigerung bei den Arbeitnehmern in 2023 um 5,6 Prozent, in 2024 um 5,1 Prozent, in 2025 um 3,2 Prozent sowie in 2026 und 2027 um je 3,0 Prozent aus. Bei der Anzahl der Arbeitnehmer rechnen die Experten für 2023 (plus 0,8 Prozent), 2024 (plus 0,4 Prozent) und 2025 (plus 0,2 Prozent) noch mit einem Zuwachs und in den Jahren 2026 sowie 2027 mit einem Rückgang um jeweils 0,3 Prozent.
Die genannten Ergebnisse der langfristigen Modellrechnungen in der mittleren Variante für die Jahre 2028 bis 2037 beziehen sich auf eine mittlere Annahme bei der Lohn- und Beschäftigungsentwicklung. Basis der Berechnungen für den genannten Zeitraum waren diesbezüglich eine jährliche Lohnerhöhung von im Schnitt plus 3,0 Prozent und ein Rückgang der Anzahl der Beschäftigten ab 2023 bis 2037 von 39,9 Millionen auf 37,8 Millionen Personen.
Zu allen Fachfragen rund um die Altersvorsorge ist die Fachabteilung LV der SDV AG gerne für Sie erreichbar:
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