Ab Juli steigen die Renten – die Inflationsrate ist jedoch höher

Jeder, der eine gesetzliche Alters-, Erwerbsminderungs- oder Hinterbliebenenrente erhält, kann sich zum 1. Juli dieses Jahres auf eine deutliche Rentenerhöhung freuen. Allerdings ist zum einen die Inflation deutlich höher als die Rentenanpassung und zum anderen bleibt das Rentenniveau der Altersrenten weiterhin auf einem niedrigen Stand.

Rentenanpassung: 4,39 Prozent in West- und 5,86 Prozent in Ostdeutschland

Jedes Jahr muss die Bundesregierung prüfen, inwieweit die gesetzlichen Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrenten nach gesetzlichen Vorgaben zur Mitte des laufenden Jahres anzupassen sind. Vor Kurzem hat das Bundeskabinett diesbezüglich im Rahmen der entsprechenden Rentenwertbestimmungsverordnung eine Rentenerhöhung für die rund 21 Millionen Rentenbezieher beschlossen. Die Verordnung bedarf zwar noch der Zustimmung des Bundesrats, die für den 16. Juni vorgesehen ist, dies ist in der Regel jedoch nur noch eine Formsache.

Konkret steigen nach der beschlossenen Verordnung zum 1. Juli 2023 die gesetzlichen Renten in den alten Bundesländern um 4,39 Prozent und in den neuen Bundesländern um 5,86 Prozent.

Das ist seit dem Jahr 2000 in Westdeutschland die zweithöchste und in Ostdeutschland die dritthöchste Rentenanpassung. In den alten Bundesländern gab es nur im Jahr 2022 mit 5,35 Prozent und in den neuen Bundesländern in 2016 mit 5,95 Prozent und ebenfalls in 2022 mit 6,12 Prozent eine größere Anhebung.

Erhöhung des aktuellen Rentenwerts

Entsprechend der Rentenanpassung wird auch der aktuelle Rentenwert, ein wichtiger Faktor für die Berechnung der Rentenhöhe, von aktuell 36,02 Euro in West- und 35,52 Euro in Ostdeutschland ab dem 1. Juli einheitlich auf 37,60 Euro steigen.

Der Bundesminister für Arbeit und Soziales, Hubertus Heil, betont: „Die steigenden Löhne und der starke Arbeitsmarkt in Deutschland machen diese Erhöhungen möglich. Ich freue mich besonders, dass die Rentenangleichung Ost aufgrund der positiven Entwicklung ein Jahr früher erreicht wird als gesetzlich vorgesehen. Dazu hat auch die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro beigetragen, von der viele Menschen in den neuen Ländern profitiert haben.“

Rentenniveau weiterhin nur bei rund 48 Prozent

Durch die Rentenanpassung steigt die Bruttoaltersrente eines sogenannten Standardrentners (auch Eckrentner genannt) in Westdeutschland von 1.620,90 Euro in West- und 1.598,40 Euro in Ostdeutschland auf 1.692,00 Euro in Gesamtdeutschland. Ein Standardrentner ist ein Musterrentner, also eine fiktive Person, die vor ihrem Rentenbeginn 45 Jahre lang ein Gehalt in Höhe des jährlichen Durchschnittsentgeltes aller gesetzlich Rentenversicherten hatte und entsprechende Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung entrichtete.

Trotz der aktuellen Rentenanpassung wird das Nettorentenniveau (Sicherungsniveau vor Steuern) ab dem 1. Juli 2023 von bisher 48,14 Prozent auf dann 48,15 Prozent nur minimal steigen. Damit erhält ein gesetzlich Rentenversicherter, selbst wenn er 45 Jahre lang durchschnittlich gut verdiente, weniger als die Hälfte seines bisherigen Nettoeinkommens als gesetzliche Altersrente (netto) vor Steuern ausbezahlt.

Inflationsrate aktuell höher als die Rentenanpassung

Von 2014 bis 2020 war die bundesweite Inflationsrate je Kalenderjahr niedriger als die jeweilige jährliche Rentenerhöhung in Ost- und Westdeutschland. In den letzten drei Jahren, also seit 2021, ist jedoch die Inflationsrate höher als die Rentenerhöhung. Das heißt, die Rente hat in den letzten drei Jahren trotz der Rentenanpassung durch die Inflation an Kauftraft verloren.

Wenn man für 2023 die Inflationsrate vom April 2023 mit 7,2 Prozent annimmt, ist seit 2021 bis einschließlich 2023 der Anstieg der Rente gegenüber der Preissteigerung in den alten Bundesländern um knapp acht Prozentpunkte und in den neuen Bundesländern um fünf Prozentpunkte niedriger.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales führt dazu jedoch aus: „Die Rentenanpassung bleibt aktuell hinter der Inflation zurück, aber das ist nur eine Momentaufnahme. Das Prinzip, dass die Renten den Löhnen folgen, hat sich mit Blick auf die Einkommensentwicklung von Rentnerinnen und Rentnern bewährt. Betrachtet man die Entwicklung des aktuellen Rentenwerts im Jahresdurchschnitt in den letzten zehn Jahren seit 2012, so beträgt der Anstieg im Westen insgesamt 26 Prozent, im Osten sogar 40 Prozent. Im gleichen Zeitraum sind die Preise nur um 20 Prozent gestiegen.“

Westrenten sind langsamer gestiegen als die Verbraucherpreise

Vergleicht man die Renten- und Preissteigerungen seit dem Jahr 2000, ergibt sich jedoch ein etwas anderes Bild. Seit dem Jahr 2000 bis Ende 2022 sind die Verbraucherpreise um fast 48 Prozent gestiegen. Wer 1.000 Euro im Jahr 2000 für die Güter und Dienstleistungen, die in der Inflationsrate berücksichtigt sind, aufbrachte, musste Ende 2022 dafür fast 1.480 Euro aufwenden, also rund 48 Prozent mehr.

Dagegen stieg durch die bisherigen Rentenanpassungen eine Rente von 1.000 Euro in Westdeutschland auf knapp 1.460 Euro (um fast 46 Prozent) und in Ostdeutschland auf 1.650 Euro (um rund 65 Prozent) an. In den alten Bundesländern war die Steigerung der Renten somit zwei Prozentpunkte niedriger als die Preissteigerung. Anders in den neuen Bundesländern: Hier stiegen die Renten fast 17 Prozentpunkte höher als die Verbraucherpreise, was letztendlich aber auch der bisher durchgeführten Anpassung der Ostrenten auf Westrentenniveau geschuldet ist.

Betrachtet man die Inflationsraten von 2000 bis Ende 2023 – angenommen die Inflationsrate in 2023 läge bei 7,2 Prozent wie im April 2023 – hätten sich die Preise in diesem Zeitraum sogar um rund 58 Prozent erhöht: Anstatt 1.000 Euro im Jahr 2000 müsste man Ende 2023 1.580 Euro zahlen. Dagegen würden sich die Renten im gleichen Zeitraum, also unter Berücksichtigung der aktuellen Rentenanpassung am 1. Juli 2023, auf rund 1.520 Euro in West- und etwa 1.750 Euro in Ostdeutschland erhöhen.

Damit liegt die Rentenerhöhung von 2000 bis Ende 2023 in Westdeutschland bei rund 52 Prozent, das sind rund sechs Prozentpunkte weniger als die Preissteigerung. In Ostdeutschland steigen die Renten dagegen im genannten Zeitraum um circa 75 Prozent, und damit um fast 17 Prozentpunkte mehr als die Preissteigerung. Nur wenn die Inflationsrate im Jahr 2023 2,9 Prozent oder weniger betragen würde, wäre insgesamt die Preissteigerung seit dem Jahr 2000 bis Ende 2023 auch in Westdeutschland niedriger als die Rentenerhöhung in diesem Zeitraum.

So wird die jährliche Rentenanpassung ermittelt

Die jährliche Rentenanpassung richtet sich nach gesetzlich festgelegten Anpassungskriterien, wie den §§ 6868a und 255a SGB VI (6. Sozialgesetzbuch). Ein entscheidender Faktor ist unter anderem die Lohnentwicklung des vergangenen zum vorvergangenen Jahr. Die für die Rentenanpassung relevante Lohnsteigerung von 2021 auf 2022 betrug nach Angaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales 4,50 Prozent in den alten Ländern und 6,78 Prozent in den neuen Ländern.

Ein weiteres Anpassungskriterium ist der sogenannte Nachhaltigkeitsfaktor. Dieser Wert stellt sicher, dass die Entwicklung des zahlenmäßigen Verhältnisses von Rentenbeziehern zu den Beitragszahlern der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigt wird. Ist die Zahl der Rentenbezieher im Vergleich zu den Beitragszahlern gestiegen, wie dies für den aktuellen Betrachtungszeitraum der Fall war, minimiert das die Rentenanpassung.

In der aktuellen Rentenanpassung beträgt der Nachhaltigkeitsfaktor 0,9990 Prozent und wirkt sich somit um rund minus 0,1 Prozentpunkte dämpfend auf die Rentenanpassung aus. Berücksichtigt wurde zudem ein gesetzlich geregelter Angleichungsschritt der Ostrenten zum Westrentenniveau.

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