Ein Blick in die jüngsten Statistiken der Deutschen Rentenversicherung zeigt, dass die gesetzliche Witwen- oder Witwerrente nicht so hoch ist, um das durch den Tod des verstorbenen Partners entfallene Einkommen auszugleichen. Hinterbliebenen mit einem eigenen Einkommen wird die Hinterbliebenenrente unter Umständen sogar komplett gekürzt.
Gesetzliche Witwenrente im Schnitt unter 700 Euro
Nach aktuellen Statistikdaten der Deutschen Rentenversicherung (DRV) haben letztes Jahr über 5,24 Millionen Personen, davon 4,51 Millionen Frauen und knapp 722.000 Männer, eine Hinterbliebenenrente in Form einer gesetzlichen Witwen- oder Witwerrente überwiesen bekommen.
Während der durchschnittliche monatliche Rentenzahlbetrag bei den Witwen bei rund 696 Euro lag, erhielten die Witwer rund 46 Prozent weniger, nämlich nur 375 Euro. Der Rentenzahlbetrag entspricht der Rentenhöhe abzüglich der zu zahlenden Beiträge für die gesetzliche oder private Kranken- und Pflege(pflicht)versicherung ohne Abzug einer möglichen Einkommensteuer.
Eine ähnliche Differenz zeigt sich auch bei der gesetzliche Witwen- oder Witwerrente für alle knapp 359.900 Personen, denen erstmals in 2021 eine solche Rente ausbezahlt wurde, nachdem ihr Ehepartner vor Kurzem verstorben war. Die hinterbliebenen Frauen hatten einen monatlichen Rentenzahlbetrag von im Schnitt 704 Euro. Bei den Männern waren es sogar nur rund 360 Euro – also fast 49 Prozent unter der Hinterbliebenenrente der weiblichen Neurentner.
Wann man eine Witwen- oder Witwerrente erhält
Die gesetzliche Witwen- oder Witwerrente gliedert sich gemäß § 46 SGB VI (6. Sozialgesetzbuch) in eine große oder kleine Witwen-/Witwerrente. Grundsätzlich besteht ein Anspruch darauf nur, wenn der verstorbene Ehepartner (oder eingetragene Lebenspartner) bis zu seinem Tod eine Mindestversicherungszeit (Wartezeit) in der gesetzlichen Rentenversicherung von wenigstens fünf Jahren erfüllt hat.
Nur in wenigen Fällen, zum Beispiel wenn der Ehepartner durch einen Arbeitsunfall ums Leben kam oder bereits eine gesetzliche Alters- oder Erwerbsminderungsrente bezogen hat, wird auf die Wartezeit verzichtet.
Zudem muss die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft bis zum Todestag mindestens ein Jahr bestanden haben. Diese Regelung gilt nur in wenigen Ausnahmen nicht, eine davon ist, wenn der Ehepartner bei einem Unfall starb. Ein weiteres wichtiges Kriterium: Der Anspruch auf eine Witwen- oder Witwerrente erlischt in der Regel, wenn man wieder heiratet.
Die Rentenhöhe hängt von der Versichertenrente des Verstorbenen ab
Die Höhe der großen und kleinen Witwen- oder Witwerrente hängt unter anderem von der Versichertenrente des verstorbenen Ehepartners ab, aber auch inwieweit der Hinterbliebene Kinder erzogen hat. Hat der Verstorbene eine gesetzliche Altersrente oder eine gesetzliche Rente wegen voller Erwerbsminderung bezogen, entspricht diese der Versichertenrente. In allen anderen Fällen beträgt die Höhe der Versichertenrente in etwa der vollen gesetzlichen Erwerbsminderungsrente, die dem Verstorbenen am Tag des Todes rein rechnerisch zugestanden hätte.
Bei der großen Witwen- oder Witwerrente hat der Hinterbliebene Anspruch auf 55 Prozent, bei der kleinen Witwen-/Witwerrente dagegen nur auf 25 Prozent der Versichertenrente des verstorbenen Ehepartners. Es gibt jedoch eine Ausnahme bei der großen Witwenrente: Wurde die Ehe vor dem Jahr 2002 geschlossen und ist der verstorbene Ehepartner vor dem 2. Januar 1962 geboren, erhält der Hinterbliebene bei der großen Witwen- oder Witwerrente nicht 55, sondern 60 Prozent der Versichertenrente des Verstorbenen.
Eine Kindererziehung erhöht gemäß §78a SGB VI zudem die Witwen- oder Witwerrente, solange die Hinterbliebenenrente insgesamt die Versichertenrente des Verstorbenen nicht übersteigt. Konkret gilt: Hinterbliebene, die eine große Witwenrente mit nur 55 Prozent Versichertenrente oder eine kleine Witwenrente mit 25 Prozent Versichertenrente erhalten, bekommen, sofern sie selbst ein Kind erziehen oder erzogen haben, zusätzlich noch einen Kinderzuschlag zur anteiligen Versichertenrente.
Die Höhe des Kinderzuschlages richtete sich nach der Dauer der Kindererziehung bis zum vollendeten dritten Lebensjahr der Kinder, der Art der Witwen-/Witwerrente und dem aktuellen Rentenwert. Der Kinderzuschlag beträgt seit 1. Juli 2022 bei der großen Witwen-/Witwerrente für das 1. Kind in der Regel 72,03 Euro in West- und 71,03 Euro in Ostdeutschland, beim 2. Kind sind es normalerweise 36,02 Euro in West und 35,52 Euro in Ostdeutschland. Bei der kleinen Witwen-/Witwerrente sind es für das 1. Kind üblicherweise 32,74 Euro in West- und 32,29 Euro in Ostdeutschland, beim 2. Kind sind es in der Regel 16,37 Euro in West- und 16,14 Euro in Ostdeutschland.
Voraussetzungen für die große Witwenrente
Ein Ehepartner hat Anspruch auf die große Witwen- oder Witwerrente, wenn der Hinterbliebene laut § 242a SGB VI mindestens 45 bis 47 Jahre alt ist. Diese Altersgrenze hängt vom Todesjahr ab und erhöht sich laut einer gesetzlichen Regelung schrittweise seit 2012 von 45 Jahren bis 2029 auf 47 Jahre. Verstirbt der Ehepartner beispielsweise in 2022, hat der hinterbliebene Ehegatte ab einem Alter von 45 Jahren und 11 Monaten Anspruch auf eine große Witwen- oder Witwerrente.
Unabhängig vom Alter erhält eine Witwe oder ein Witwer auch eine große Witwen- oder Witwerrente, wenn sie oder er
- selbst erwerbsgemindert ist oder
- ein eigenes Kind oder ein Kind des verstorbenen Ehepartners erzieht, dass entweder das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder volljährig ist und wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung nicht für sich selbst sorgen kann.
Alle hinterbliebenen Ehefrauen und Ehemänner mit einem Witwen- oder Witwerrentenanspruch, denen die Kriterien für eine große Witwen- oder Witwerrente fehlen, erhalten eine kleine Witwenrente. Die Höhe beläuft sich auf 25 Prozent der Versichertenrente des Verstorbenen. Zudem erhält man die kleine Witwenrente bis zu maximal 24 Monate nach dem Tod des Ehepartners.
Eigenes Einkommen kann die Witwen-/Witwerrente schmälern
Doch auch wenn vom Grunde her ein Anspruch auf eine Witwen- oder Witwerrente besteht, kann es sein, dass keine Rente ausbezahlt wird. Der Grund dafür ist, dass eigene Einkünfte eines hinterbliebenen Ehepartners auf die gesetzliche Hinterbliebenenrente angerechnet werden. Konkret gilt: Übersteigt das anrechenbare Einkommen des Hinterbliebenen den gesetzlich festgelegten Freibetrag, wird die Witwen- oder Witwerrente reduziert, und zwar um 40 Prozent des Beitrages, der über dem Freibetrag liegt.
Die Höhe des monatlichen Freibetrages entspricht dem 26,4-Fachen des aktuellen Rentenwerts. Erzieht der Hinterbliebene ein oder mehrere Kinder, erhöht sich der Freibetrag je Kind, das Anspruch auf eine gesetzliche Waisenrente hat, um das 5,6-Fache des Rentenwertes. Aktuell beträgt damit der Freibetrag ohne Kinder seit 1. Juli 2022 950,93 Euro in den alten und 937,73 Euro in den neuen Bundesländern. Für jedes Kind mit Waisenrentenanspruch kommen zusätzlich noch 201,71 Euro in West- und 198,91 Euro in Ostdeutschland hinzu.
Zu den anrechenbaren Einkunftsarten zählen unter anderem ein Arbeitsverdienst, ein Einkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit, aber auch eine gesetzliche Alters- oder Erwerbsminderungsrente, eine Betriebsrente sowie Einnahmen aus Kapitalvermögen, Vermietungen oder Verpachtungen. Je nach Einkunftsart wird zudem von den Bruttoeinkünften ein bestimmter Anteil abgezogen, um das anrechenbare Einkommen zu ermitteln.
Vom Bruttogehalt werden dazu beispielsweise 40 Prozent, vom Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit 39,8 Prozent, von Beamtenbezügen 27,5 Prozent, von der gesetzlichen Alters- oder Erwerbsminderungsrente 14,0 Prozent und von Einnahmen aus Kapitalvermögen 25,0 Prozent abgezogen.
Es gibt aber auch Einkommensarten, die unabhängig von ihrer Höhe nicht zu einer Rentenkürzung führen. Dazu gehören Renten aus einer staatlich geförderten Altersvorsorge wie eine Riester- oder Rürup-Rente, ein Pflegegeld als pflegender Angehöriger oder auch Sozialhilfeleistungen wie Arbeitslosengeld II, Wohngeld oder Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung.
561.600 Witwen und Witwern wurde die Rente einkommensbedingt komplett gekürzt
Dass sich die Einkommensanrechnung tatsächlich in der Praxis auswirkt, belegen die DRV- Statistikdaten. Denn von den Voraussetzungen hätte mehr als 5.797.100 Hinterbliebenen letztes Jahr eine Witwen- oder Witwerrente zugestanden, tatsächlich ausbezahlt wurde eine solche Rente jedoch nur 5.235.500 Personen.
Der Grund: Über 561.600 Hinterbliebene haben keine gesetzliche Witwen- oder Witwerrente überwiesen bekommen, da ihr eigenes Einkommen aufgrund der Einkommensanrechnung zu einer kompletten Rentenkürzung geführt hat.
Den DRV-Daten ist zudem zu entnehmen, dass bei fast 1.941.600 Hinterbliebenen die Witwen- oder Witwerrente aufgrund ihres Einkommens gekürzt wurde. Etwa 2.457.200 Witwen und Witwer hatten ein anrechenbares Einkommen, das unter dem Freibetrag lag und somit nicht zu einer Rentenkürzung führte, und über 836.700 Hinterbliebene hatten keine Einkünfte, die anrechenbar waren.
Umfassende Informationen zur gesetzlichen Hinterbliebenenrente, unter anderem mit Beispielsrechnungen, enthalten die im Webauftritt des DRV downloadbaren DRV-Broschüren „Hinterbliebenenrente: Hilfe in schweren Zeiten“ und „Hinterbliebenenrente: So viel können Sie hinzuverdienen“.
Zu allen Fachfragen rund um die Hinterbliebenenvorsorge ist die Fachabteilung LV der SDV AG gerne für Sie erreichbar:
Telefon: 0821 71008 200
E-Mail: lv@sdv.ag
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