Nicht jedem Hausbesitzer, aber auch Mieter ist klar, welche Vorgaben er unter anderem aus haftungsrechtlichen Gründen hinsichtlich der Räum- und Streupflicht erfüllen muss. So sind einige Immobilieneigentümer irrtümlicherweise der Ansicht, dass sie nur bei verschneiten Fußgängerwegen rund um ihr Haus handeln müssen. Zudem wissen viele Mieter nicht, dass ihnen per Mietvertrag die Räum- und Streupflicht übertragen werden kann und sie dann ebenfalls in der Haftung stehen.
Wann und wo geräumt werden muss
Als Immobilien- und Grundstückseigentümer muss man laut Gesetz dafür sorgen, dass die Zugangswege und Treppen zum Haus, die von Besuchern und Lieferanten wie dem Postboten genutzt werden, gefahrlos begehbar sind. Das gilt auch für Wege zum Briefkasten, zu den Mülltonnen und zu den Garagen. Bei dieser sogenannten Räum- und Streupflicht müssen nicht nur rutschige Gefahrenbereiche durch Eis und Schnee, sondern auch infolge nassen Laubs und Schmutzes zeitnah beseitigt werden.
Zwar sind innerorts für die öffentlichen Straßen und Gehwege in der Regel die Städte und Gemeinden verantwortlich, doch diese können die Räum- und Streupflicht per Verordnung oder Satzung teilweise auf die anliegenden Haus- und Grundstückseigentümer übertragen. In den meisten Kommunen müssen daher die Immobilienbesitzer nicht nur ihre privaten Zugangswege zum Haus, sondern auch die anliegenden öffentlichen Gehwege rutschfrei halten.
Sind von der Kommune keine Zeiten für die Räum- und Streupflicht vorgegeben, müssen die Gehwege und Zugangswege gemäß der gängigen Rechtsprechung in der Regel werktags ab 7 Uhr sowie sonn- und feiertags ab 9 Uhr bis jeweils 20 Uhr rutschfrei gehalten werden. Bei einigen Städten und Gemeinden ist die Räum- und Streupflicht aber auch zwischen 6 und 22 Uhr vorgeschrieben.
Wer in der genannten Zeit beispielsweise berufsbedingt nicht zu Hause ist, muss dafür sorgen, dass dennoch die Wege zum Beispiel bei einsetzendem Schneefall gefahrlos begehbar bleiben. Ist es bereits am Vortag absehbar, dass nachts mit überfrierender Nässe oder Schneefall zu rechnen ist, muss sogar vorsorglich gestreut werden, um Glätte vorzubeugen. Dies geht aus einem Urteil des Oberlandesgerichtes Frankfurt (21 U 38/03) hervor.
Nicht jedes Streumittel ist zulässig
Es muss aber nicht die komplette Fläche der Geh- oder Zugangswege gefahrlos begehbar sein, sondern nur ein Streifen in einer Breite von rund 1,0 bis 1,2 Metern, damit zwei Fußgänger aneinander vorbeigehen können, wie unter anderem Urteile des Bundesgerichtshofes (VIII ZR 255/16 und III ZR 8/03) belegen. Manche Kommunen geben jedoch eine Wegbreite von 1,5 Metern vor, die rutschfrei zu halten ist.
Privatwege, die nur wenige Male am Tag genutzt werden, wie zum Briefkasten, zu den Mülltonnen und zu den Garagen, müssen nur in einer Breite von etwa 0,5 Metern geräumt und gestreut werden, so eine Entscheidung des Oberlandesgerichtes Frankfurt (23 U 195/00).
Grenzt kein Fußgängerweg, sondern direkt eine Straße an das Grundstück, muss auch die angrenzende Straße in einer Breite von 1,0 Metern geräumt und gestreut werden. Dies ist laut einem Urteil des Oberlandesgerichtes Karlsruhe (9 U 143/13) jedoch normalerweise nicht auf beiden Straßenseiten notwendig, sondern nur auf der, für die die Kommune in der entsprechenden Satzung die Räum- und Streupflicht der Anlieger vorschreibt.
Und selbst die Art des Streumittels kann die Kommune einschränken. So ist beispielsweise in München und Berlin die Verwendung von Streusalz aus Umweltschutzgründen verboten. Auch das Streuen von Asche ist in einigen Gemeinden nicht erlaubt. Kein geeignetes Streumittel sind gemäß einem Urteil des Oberlandesgerichtes Hamm (6 U 92/12) zudem Holzspäne. Als Streumittel empfohlen werden dagegen meist Rollsplitt, Lavagranulate und Sand.
Auch Mieter können zum Räumen und Streuen verpflichtet werden
Immobilieneigentümer können die Räum- und Streupflicht auch auf Mieter, einen Hausmeister beziehungsweise eine Hausverwaltung oder auf einen externen Dienstleister per Vertrag übertragen. Allerdings muss der Hauseigentümer regelmäßig kontrollieren, ob der Betreffende seiner Pflicht auch nachkommt, und gegebenenfalls selbst tätig werden.
Möchte ein Vermieter die Räum- und Streupflicht auf den Mieter übertragen, muss dies ausführlich und eindeutig im Mietvertrag festgelegt sein. Im Mietvertrag kann aber auch zusätzlich zu einem Passus für die Pflichtübertragung auf die Hausordnung verwiesen werden, wenn diese konkrete Ausführungsvorgaben enthält. Allein eine Klausel in der Hausordnung, ohne dass auf diese ausdrücklich im Mietvertrag hingewiesen wird, reicht nicht für eine Übertragung der Räum- und Streupflicht auf den Mieter aus. Das besagt unter anderem ein Urteil des Amtsgerichtes Köln (210 C 107/10).
Zudem dürfen in einem Mietshaus nicht nur einzelne Mieter zum Winterdienst verpflichtet werden. Wenn der Vermieter eine Pflichtübertragung möchte, muss diese für alle Mieter im jeweiligen Mietvertrag vereinbart sein. Außerdem muss auf eine faire Verteilung geachtet werden. Möglich ist beispielsweise, die Räum- und Streupflicht unter allen Mietern im Rahmen der Hausordnung im wöchentlichen Wechsel aufzuteilen.
Kann ein Mieter einer ihm übertragenen Räum- oder Streupflicht beispielsweise wegen Krankheit oder Urlaub nicht nachgehen, muss er dafür sorgen, dass ein anderer die notwendigen Aufgaben übernimmt. Nur Mieter, die dauerhaft aus gesundheitlichen Gründen der Räum- und Streupflicht nicht nachkommen können, wie zum Beispiel gebrechliche Senioren oder Behinderte, können von der per Mietvertrag übertragenen Pflicht befreit werden. Das verdeutlicht ein Urteil des Landgerichtes Münster (8 S 425/03).
Schutz für Hauseigentümer und Mieter
Wer gegen seine ihm gesetzlich oder vertraglich obliegende Räum- und Streupflicht verstößt, egal ob als Immobilienbesitzer oder Mieter, muss für die dadurch entstandenen Schäden in voller Höhe aufkommen. Hat ein Mieter die ihm übertragene Räum- und Streupflicht vernachlässigt und ist der Vermieter seiner Kontrollpflicht nicht ausreichend nachgekommen, können sogar der Mieter und der Hauseigentümer für den Schaden zur Verantwortung gezogen werden.
Rutscht beispielsweise eine Person auf einem Gehweg zum oder um das Haus aus, weil nicht ordnungsgemäß geräumt oder gestreut wurde, kann der Verunfallte den Hausbesitzer und/oder gegebenenfalls den Mieter für den Schaden zur Verantwortung ziehen. Mögliche Forderungen sind zum Beispiel die Kosten für die beim Sturz beschädigte Kleidung. Hat sich der Verunfallte verletzt, kann er zudem notwendige medizinische Behandlungskosten, Schmerzensgeld und unfallbedingte Einkommensausfälle vom Räum- und Streupflichtigen verlangen. Verstirbt der Verunfallte an seinen Verletzungen, können auch Unterhaltszahlungen an die Hinterbliebenen anfallen.
Ein Hauseigentümer eines selbst genutzten Einfamilienhauses, aber auch ein Mieter, der per Mietvertrag die Räum- und Streupflicht übernommen hat, kann dieses Haftungsrisiko mit einer privaten Haftpflichtversicherung absichern. Besitzer eines vermieteten Ein- oder Mehrfamilienhauses benötigen dazu in der Regel eine separate Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung.
Die genannten Haftpflichtpolicen übernehmen die berechtigten Schadenersatz- und Schmerzensgeldforderungen von Personen, die wegen einer fahrlässigen Verletzung unter anderem der Räum- und Streupflicht des Hauseigentümers oder Mieters zu Schaden gekommen sind. Sie wehren aber auch ungerechtfertigte oder überhöhte Forderungen Dritter ab.
Strafen und Bußgelder sind bei Pflichtverletzung möglich
Grundsätzlich sollten jedoch alle, die eine gesetzliche oder vertraglich vereinbarte Räum- und Streupflicht haben, dieser gewissenhaft nachkommen, auch wenn sie eine passende Haftpflichtversicherung haben.
Wer nämlich seiner ihm obliegenden Räum- und Streupflicht vorsätzlich oder fahrlässig nicht nachkommt, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die je nach Bundesland mit einem Bußgeld bestraft werden kann. In Hamburg beträgt das Bußgeld sogar bis zu 50.000 Euro.
Zudem kann eine Person, die aufgrund einer vernachlässigten Räum- und Streupflicht verletzt wird, den verantwortlichen Hausbesitzer oder Mieter wegen fahrlässiger Körperverletzung anzeigen, was zu einer Geldstrafe und theoretisch sogar zu einer Freiheitsstrafe führen kann. Derartige Bußgelder oder Strafen muss der Beschuldigte selbst tragen.
Zu allen Fachfragen rund um die Privathaftpflichtversicherung, aber auch um die Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung ist die Fachabteilung Sach der SDV AG gerne für Sie erreichbar:
Telefon: 0821 71008 400
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