Was viele nicht wissen: Nach dem Ableben eines Ehepartners erbt bei einem kinderlosen Ehepaar nicht automatisch der andere den kompletten Nachlass. Dies zeigt ein Blick in die gesetzliche Erbfolge. Daher ist es wichtig, bereits zu Lebzeiten den Nachlass zu regeln.
Ohne Testament greift die gesetzliche Erbfolge
Ohne ein gültiges Testament oder einen Erbvertrag wird im Todesfall der Nachlass, wie zum Beispiel das Geldvermögen und das sonstige Hab und Gut eines Verstorbenen, nach der gesetzlichen Erbfolge aufgeteilt. Geregelt ist dies im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), Buch 5. Grundsätzlich hängt die gesetzliche Erbfolge davon ab, ob der Verstorbene, also der sogenannte Erblasser, zum Zeitpunkt des Todes noch lebende Verwandte hatte.
Gibt es noch Verwandte, richtet sich die Erbfolge nach dem Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser – im BGB ist dieses in sogenannte Ordnungen unterteilt. War ein Erblasser verheiratet, hat auch der verbliebene Ehepartner nach der gesetzlichen Erbfolge einen Anspruch auf einen Erbanteil. Die Anteilshöhe hängt vom Güterstand ab. Eine eingetragene Lebensgemeinschaft ist dabei einer Ehe gleichgestellt.
Verstirbt eine Person, erben nach der gesetzlichen Erbfolge der Ehepartner und wenn vorhanden die leiblichen oder adoptierten Kinder des Erblassers. Sind keine Kinder und/oder kein Ehepartner vorhanden, treten an ihre Stelle jeweils die direkt nächsten verwandten Angehörigen. Konkret gilt: Neben eines eventuell verbliebenen Ehepartners werden in der Erbfolge als Erstes die lebenden Personen der Ordnung 1 berücksichtigt. Ist kein Lebender der Ordnung 1 vorhanden, erben Personen aus der Ordnung 2. Gibt es keinen Lebenden der Ordnung 2, erben Personen aus der Ordnung 3. Diese Erbfolge gilt auch für die darauffolgenden Ordnungen.
Unter die Ordnung 1 fallen die leiblichen oder adoptierten Kinder und wenn diese nicht mehr leben, deren Kinder und Kindeskinder. Die Ordnung 2 besteht aus den Eltern des Erblassers und wenn ein oder beide Elternteile nicht mehr am Leben sind, jeweils aus deren Abkömmlingen, also Geschwistern, danach kommen Nichten und Neffen und deren Kinder und Kindeskinder.
Gesetzliche Erben der 3. Ordnung sind die Großeltern des Erblassers und nachfolgend deren Abkömmlinge. Zu Letzterem zählen Onkel und Tanten und deren Kinder, also Cousinen oder Cousins des Erblassers sowie deren Abkömmlinge. Unter die Ordnung 4 fallen die Urgroßeltern und deren Abkömmlinge und zu den weiteren Ordnungen gehören alle sonstigen Vorerltern und deren Abkömmlinge. Mehr Details zur gesetzlichen Erbfolge enthält die kostenlos downloadbare Broschüre „Erben und Vererben“ des Bundesministeriums der Justiz.
Kinderloses Ehepaar: Ehepartner erbt nicht automatisch alles …
Allerdings ist diese gesetzliche vorgegebene Erbfolge nicht immer im Sinne des Erblassers, wie das Beispiel eines kinderlosen Ehepaares verdeutlicht. Verstirbt bei einem kinderlosen Ehepaar, das im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebt, ein Ehepartner, erbt der andere, neben den zum Haushalt gehörenden Gegenständen inklusive der noch vorhandenen Hochzeitsgeschenke, nur drei Viertel des Nachlasses, wenn keine andere Regelung mittels eines Testaments oder eines Erbvertrages getroffen wurde.
Das restliche Viertel des Nachlasses geht nämlich an die Eltern des Verstorbenen. Sollten diese nicht mehr leben, erben vorhandene Geschwister des Verstorbenen oder, sollten die nicht mehr leben, deren Kinder, also die Nichten und Neffen des Erblassers. Hatte der Verstorbene keine Geschwister und sind seine Eltern verstorben, würden die noch lebenden Großeltern erben.
Nur wenn der verstorbene Ehepartner keine Kinder und Kindeskinder (keine Verwandten der Ordnung 1) sowie keine Eltern, Geschwister, Nichten und Neffen (keine Verwandten der Ordnung 2) und zudem keine Großeltern mehr hat, erhält der überlebende Ehegatte die komplette Erbschaft allein. Mögliche andere Verwandte der 3. und weiteren Ordnung wie Tanten, Onkel und Cousinen oder Cousins gehen in dem Fall leer aus. Geregelt ist dies in den §§ 1371 und 1931 BGB.
… und trotz Testament haben Eltern Anspruch auf einen Pflichtteil
Ist man mit der gesetzlich vorgegebenen Erbfolge nicht einverstanden und möchte als kinderloses Ehepaar zum Beispiel sicherstellen, dass im Todesfall der hinterbliebene Ehepartner den gesamten Nachlass erhält, sollten beide Ehepartner zu Lebzeiten eine entsprechende Verfügung in Form eines Testaments oder eines Erbvertrages erstellen.
Doch selbst wenn sich die Ehepartner gegenseitig als Alleinerben bestimmen, kann es sein, dass die Eltern des Verstorbenen einen Mindestanteil am Nachlass erhalten. Der Grund: Die Eltern eines kinderlosen Erblassers sind – sofern sie noch leben – pflichtteilsberechtigt, das heißt, sie haben ein Anrecht auf einen Mindestanteil am Nachlass in Form einer Geldsumme.
Konkret gilt: Wurden die Eltern des Erblassers per Testament oder Erbvertrag von der Erbfolge ausgeschlossen, können sie gemäß § 2303 BGB den Pflichtteil in der Höhe der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils fordern. Bei einem kinderlosen Ehepaar im Güterstand der Zugewinngemeinschaft würde der Pflichtteil für die Eltern eines verstorbenen Ehepartners ein Achtel des Nachlasses betragen. Den Pflichtteil kann man in der Regel nicht verwehren.
Allerdings kommt ein Pflichtteilsanspruch nur zur Geltung, wenn der Pflichtteilsberechtigte diesen binnen drei Jahren nach Kenntnis des Erbfalles (Todesfall des Erblassers) und der Nachlassverfügung (Testament oder Erbvertrag) von den Erben einfordert, spätestens 30 Jahre nach dem Erbfall. Zudem ist auch ein Pflichtteilsverzicht in Form einer notariellen Vereinbarung zwischen dem lebenden Erblasser und seinen lebenden pflichtteilsberechtigten Eltern möglich.
Übrigens: Nicht verheiratete Partner, selbst wenn sie schon seit Jahren zusammenleben, werden in der gesetzlichen Erbfolge nicht berücksichtigt. Sie erhalten nur dann ein Erbe, wenn dies vom Erblasser per Testament oder Erbvertrag zu Lebzeiten festgelegt wurde.
Zu allen Fachfragen rund um die Hinterbliebenenabsicherung ist die Fachabteilung LV der SDV AG gerne für Sie erreichbar:
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