Informationsreihe: Erben und Schenken – Was für Patchworkfamilien gilt

Die Familienkonstellation hat beim Erben und Schenken große Auswirkungen. Das zeigt sich vor allem bei Stief- und Patchworkfamilien.

Stief- und Patchworkfamilien in Deutschland

Eine Patchworkfamilie ist eine Familie, bei der mindestens einer der Partner ein oder mehrere Kinder in die Beziehung mit eingebracht hat. Für eine Patchworkfamilie sind eine Eheschließung und/oder gemeinsame Kinder nicht zwingend notwendig, aber möglich. Wie viele Patchworkfamilien es gibt, lässt sich nicht genau sagen, denn es werden hierzulande zwar unter anderem die Eheschließungen, die Scheidungen, die Todesfälle und die Anzahl der Personen in einem Haushalt statistisch erfasst, nicht aber, wenn Personen zusammenziehen und als Patchworkfamilie leben.

Experten gehen aber davon aus, dass zwischen 7 und 13 Prozent aller Familien Stief- und Patchworkfamilien sind. Laut einer Studie von 2013, dem „Monitor Familienforschung – Stief- und Patchworkfamilien in Deutschland“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sind nicht ganz 80 Prozent aller Familien klassische Kernfamilien, etwa 11 Prozent Alleinerziehende und die restlichen 10 Prozent Stief- und Patchworkfamilien.

Dabei ist der Anteil der Stief- und Patchworkfamilien in den neuen Bundesländern höher als in den alten, was nach Ansicht der Studienautoren damit zusammenhängen dürfte, dass Ehen in den neuen Bundesländern häufiger geschieden werden und es dort zudem mehr nichteheliche Lebensgemeinschaften gibt.

Laut dem Monitor Familienforschung gibt es in knapp der Hälfte der Stief- und Patchworkfamilien einen Stiefvater ohne eigenes Kind, bei fast einem Drittel eine Stiefmutter ohne eigenes Kind, bei rund einem Viertel handelt es sich um komplexe Stieffamilien, also Patchworkfamilien mit Kindern von einem oder beiden Partnern und/oder eventuell eigenen gemeinsamen Kindern.

Die gesetzliche Erbfolge und ihre Tücken

Sofern kein gültiges Testament oder kein Erbvertrag vorliegt, wird das gesamte Hab und Gut eines Verstorbenen nach den Vorgaben der gesetzlichen Erbfolge, wie sie im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), Buch 5 festgelegt ist, aufgeteilt. Hier spielen der Verwandtschaftsgrad und eine eventuell bestehende Ehe, nicht jedoch die (aktuelle) Lebenssituation eine entscheidende Rolle dabei, wer erbberechtigt ist – was wiederum große Auswirkungen auf die Stief- und Patchworkfamilien hat.

Beispiel: Ein Mann hat eine leibliche erwachsene Tochter und ist von deren Mutter geschieden. Er lebt seit Jahren mit einer anderen Frau zusammen, ohne mit dieser verheiratet zu sein. Die neue Partnerin hat selbst ebenfalls ein eigenes Kind. Es gibt jedoch keine gemeinsamen Kinder. Verstirbt nun der Mann, würde seine leibliche Tochter alles erben und sowohl die Lebensgefährtin wie auch ihr Kind würden leer ausgehen – außer der Mann hat in einem Testament oder einem Erbvertrag die Lebensgefährtin und/oder deren Kind ausdrücklich als Erben eingesetzt.

Der Grund: Der Mann war nicht mit der Frau verheiratet und er hatte zum Kind der Frau auch kein verwandtschaftliches Verhältnis. Damit sind sie und ihr Kind laut gesetzlicher Erbfolge nicht erbberechtigt. Hätte der (geschiedene) Mann jedoch die neue Lebensgefährtin geheiratet, wäre sie erbberechtigt – nicht jedoch ihr Kind. Hierfür müsste der Mann das Kind adoptieren. Nur dann wäre es seiner leiblichen Tochter im Erbfall gleichgestellt.

Was für Stiefkinder gilt

Gleichgestellt bedeutet auch, dass adoptierte Kinder ebenso wie leibliche Kinder pflichtteilsberechtigt sind, das heißt in der Regel nicht vom Erbe ausgeschlossen werden können.

Es genügt jedoch nicht, wenn das Kind den Nachnamen eines Stiefelternteils im Rahmen der sogenannten „Einbenennung“ annimmt.

Diese sogenannte Einbenennung geht nämlich nicht mit einer Veränderung der rechtlichen Stellung des Kindes einher, sondern gilt einfach nur für den neuen Familiennamen. Dementsprechend zählt ein nicht adoptiertes Stiefkind auch nach einer Einbenennung nicht zu den gesetzlichen Erben und ist nicht pflichtteilsberechtigt.

Wenn ein Ehepartner in der Patchworkfamilie kinderlos ist

Doch auch wenn die Partner miteinander verheiratet sind, kann es im Erbfall zu Überraschungen kommen. Ist in einer Patchworkfamilie ein Ehepartner kinderlos und hat er das Kind des anderen nicht adoptiert, kann der andere Ehepartner nicht damit rechnen, Alleinerbe zu sein.

Wie bei einem kinderlosen Ehepaar stehen dem hinterbliebenen Ehepartner – sofern der Güterstand der Zugewinngemeinschaft bestand – gemäß den §§ 1371 und 1931 BGB neben dem Hausrat und den noch vorhandenen Hochzeitsgeschenken nur drei Viertel des Nachlasses zu, wenn es keine anderslautende Regelung in einem vorhandenen Testament oder einem Erbvertrag gibt.

Das übrige Viertel des Nachlasses erben die Eltern des Verstorbenen, oder sollten diese nicht mehr leben, seine Geschwister oder deren Kinder, also die Nichten und Neffen des Erblassers. Gibt es weder Eltern noch Geschwister oder Nichten und Neffen, fällt das Viertel des Nachlasses auf die noch lebenden Großeltern.

Sind bei einer Patchworkfamilie die Partner verheiratet, erhält der Hinterbliebene laut gesetzlicher Erbfolge nur den kompletten Nachlass, wenn der verstorbene Ehepartner keine eigenen oder adoptierten Kinder oder deren Kindeskinder, keine Eltern, keine Geschwister, keine Nichten und Neffen sowie auch keine Großeltern mehr hatte.

Trotz Testament nicht gleichgestellt

Mithilfe eines Testaments beziehungsweise eines Erbvertrags und/oder einer Schenkung zu Lebzeiten ist es jedoch möglich, abweichend von der gesetzlichen Erbfolge sein Hab und Gut an die gewünschte(n) Person(en) weiterzugeben. Doch auch das hat seine Tücken, denn es gelten in diesem Fall höchst unterschiedliche Freibeträge für die Erbschaft- oder Schenkungsteuer. Nur wenn ein Erbe oder eine Schenkung unter dem jeweiligen Freibetrag liegt, muss der Erbe oder der Beschenkte keine Erbschaft- oder Schenkungsteuer zahlen.

Während beispielsweise für den Ehepartner bei einer Erbschaft ein Freibetrag von 500.000 Euro sowie für ein leibliches oder adoptiertes Kind ein Freibetrag von 400.000 Euro gilt, sind es bei einem Lebenspartner, mit dem der Erblasser nicht verheiratet ist, gerade einmal 20.000 Euro. Den gleichen Freibetrag hat ein Stiefkind, das nicht vom Erblasser adoptiert wurde.

Für den Erbanteil, der über diesem Freibetrag liegt, wird dem nicht mit dem Erblasser verheirateten Lebenspartner und/oder dem nicht adoptierten Stiefkind eine Erbschaftsteuer in Höhe von 30 Prozent – beziehungsweise 50 Prozent bei einem Erbe mit einem steuerpflichtigen Wert von über 13 Millionen Euro – berechnet.

Zu allen Fachfragen rund um die Hinterbliebenenabsicherung ist die Fachabteilung LV der SDV AG gerne für Sie erreichbar:
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