Darum reicht der gesetzliche Unfallschutz für Kinder nicht aus

Der gesetzliche Unfallschutz für Kinder greift nur in wenigen Fällen. Und selbst wenn ein solcher Versicherungsschutz für ein Unglück besteht, sind bei bleibenden Unfallfolgen die Leistungen unzureichend, um auf Dauer zumindest eine finanziell ausreichende Absicherung zu gewährleisten.

Für die meisten Unfälle besteht kein gesetzlicher Unfallschutz

In der Regel stehen Kinder wie Kindergartenkinder, Schüler und Studenten nur unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, während sie zu Besuch oder auf dem Hin- oder Rückweg zur Schule oder zu einer staatlich anerkannten Tageseinrichtung oder Tagespflege sind. Darunter fallen alle allgemeinbildenden Schulen, Berufsschulen, Hochschulen und Universitäten sowie staatlich anerkannte Kindergärten, Krippen, Horte oder Kindertagesstätten.

Kein gesetzlicher Unfallschutz besteht in der Regel für alle Freizeitunfälle – dabei sind dies nach einer Auswertung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) mit einem Anteil von über 70 Prozent die meisten Unfälle. Selbst wenn ein Kind auf dem Weg zur Schule oder zum Kindergarten noch eine Kleinigkeit im Supermarkt einkauft, wird das als private Tätigkeit gewertet, die nicht gesetzlich unfallversichert ist.

Unzureichende Leistungen bei schweren Unfallfolgen

Doch auch wenn ein Unfall unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung fällt, sind insbesondere bei bleibenden Unfallfolgen die finanziellen Leistungen aus dieser Versicherung nicht ausreichend, damit das betroffene Kind im Erwachsenenalter das Durchschnittseinkommen eines Arbeitnehmers erhält.

Grundsätzlich hat die gesetzliche Unfallversicherung nach einem versicherten Unfall „die Aufgabe, die Gesundheit der Versicherten mit allen geeigneten Mitteln möglichst vollständig wieder herzustellen“, wie die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV) betont. Die gesetzliche Unfallversicherung trägt dazu die Kosten zur medizinischen Versorgung, beispielsweise für eine ambulante oder stationäre Behandlung.

Zudem werden bei Kindern und Jugendlichen „nach einem versicherten (Schul-)Unfall Leistungen zur Teilhabe erbracht. Ziel dabei ist es unter anderem, den Betroffenen eine allgemeine Schulbildung sowie eine angemessene Berufs- oder Erwerbstätigkeit zu ermöglichen“, betont die DGUV weiter. Dazu werden unter anderem Reha-Maßnahmen übernommen.

So berechnet sich die gesetzliche Unfallrente …

Kommt es aufgrund der Unfallverletzungen zu bleibenden gesundheitlichen Schäden und wird 26 Wochen nach dem Unglück von einem medizinischen Gutachter eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 20 Prozent festgestellt, hat der Betroffene gemäß § 56 Siebtes Sozialgesetzbuch (SGB VII) Anspruch auf eine gesetzliche Unfallrente.

Diese Rentenhöhe orientiert sich nicht am tatsächlichen Bedarf, sondern zum einen am festgestellten Grad der Erwerbsminderung und zum anderen am bisherigen Jahresarbeitsverdienst (JAV)

Bei einer 100-prozentigen Erwerbsminderung beträgt die Vollrente der gesetzlichen Unfallversicherung maximal zwei Drittel des zugrunde gelegten Jahresarbeitsverdienstes. Ist ein Versicherter mindestens 20 Prozent, aber weniger als 100 Prozent erwerbsgemindert, wird eine Teilrente – konkret ein Anteil der Vollrente entsprechend dem Grad der Erwerbsminderung – gezahlt.

… bei Kindern und jungen Leuten

Bei Kindern und Jugendlichen, die noch kein oder ein geringes Arbeitseinkommen haben, beläuft sich der angenommene Jahresverdienst, auch Mindest-JAV genannt, je nach Alter zum Unfallzeitpunkt gemäß § 85 SGB VII auf 25 bis 40 Prozent der Bezugsgröße. Auch bei jungen Erwachsenen, die vor dem Unfall kein oder ein geringes Arbeitsentgelt hatten, gilt ebenfalls ein Mindest-JAV, der sich an der Bezugsgröße orientiert.

Die Bezugsgröße ist ein Wert der Sozialversicherung, der auf Basis des Durchschnittsentgeltes der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr ermittelt wird. In diesem Jahr beträgt die jährliche Bezugsgröße in den alten Bundesländern 39.480,00 Euro und in den neuen Bundesländern 37.800,00 Euro im Jahr. Konkret beträgt der Anteil der Bezugsgröße, der zur Rentenberechnung als Mindest-JAV angenommen wird, für Versicherte, die im Zeitpunkt des Versicherungsfalls

  • unter 6 Jahre alt sind, 25 Prozent,
  • zwischen 6 und unter 14 Jahre alt sind, 33 1/3 Prozent,
  • zwischen 15 und unter 18 Jahre alt sind, 40 Prozent,
  • zwischen 18 und unter 25 Jahre alt sind, 60 Prozent sowie
  • zwischen 25 und unter 30 Jahre alt sind, 75 Prozent.

Mit steigendem Alter des Verunfallten wird laut § 90 SGB VII der Mindest-JAV entsprechend der genannten Aufteilung der jeweiligen Altersklassen angehoben. „Bei jüngeren Berechtigten wird der Mindest-JAV bei Erreichen der genannten weiteren Altersstufen jeweils neu festgesetzt“, so die DGUV.

In § 90 SGB VII heißt es zudem: „Ist der Versicherungsfall vor Vollendung des 30. Lebensjahres eingetreten, wird, wenn es für die Versicherten günstiger ist, der Jahresarbeitsverdienst mit Vollendung des 30. Lebensjahres auf 100 Prozent der zu diesem Zeitpunkt maßgebenden Bezugsgröße neu festgesetzt. Wurde die Hochschul- oder Fachhochschulreife erworben, tritt an die Stelle des Wertes 100 Prozent der Wert 120 Prozent der Bezugsgröße.“

Im DGUV-Webauftritt ist je eine Übersicht für West- und für Ostdeutschland abrufbar, die zeigt, mit welcher Rentenhöhe je nach Alter und Minderung der Erwerbsfähigkeit Kinder und andere Versicherte rechnen können, die bis zum Unfall kein oder nur ein geringes Arbeitseinkommen hatten.

Aktuelle Rentenhöhe je nach Alter

Ein Kind, welches das 6. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, hat bei einer 100-prozentigen Erwerbsminderung aufgrund eines gesetzlich unfallversicherten Unglücks einen Anspruch auf eine monatliche Vollrente von aktuell 548,33 Euro in den alten und 525,00 Euro in den neuen Bundesländern. Bei einem 6- bis 14-Jährigen sind es 731,11 Euro in West- und 700,00 Euro in Ostdeutschland.

Ist der Verunfallte zwischen 15 und 17 Jahre alt, beläuft sich die Vollrente in den alten Bundesländern auf 877,33 Euro und in den neuen Bundesländern auf 840,00 Euro. Für alle ab 18- bis 24-Jährigen, wie dies bei Schüler und Studenten er Fall sein kann, würde die Vollrente bei 1.316,00 Euro in West- und 1.260,00 Euro in Ostdeutschland liegen. Bei den 25- bis 29-Jährigen beläuft sich die Vollrente auf 1.645,00 Euro in West- und 1.575,00 Euro in Ostdeutschland.

Wer vor dem 30. Lebensjahr verunfallte, hat ab dem 30. Geburtstag einen Unfallrentenanspruch in Höhe von 2.193,33 Euro in West- und 2.100,00 Euro in Ostdeutschland. Hat der Betroffene die Hochschul- oder Fachhochschulreife, ist die Vollrente 20 Prozent höher und liegt bei 2.632,00 Euro in den alten und 2.520,00 Euro in den neuen Bundesländern.

Alle genannten Vollrentenhöhen gelten nur, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Unglückes, das unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand, eintrat und der Verunfallte bis zum Unfall kein Arbeitseinkommen hatte oder eines, das niedriger als der Mindest-JAV war.

Die Unfallrente liegt weit unter dem Durchschnittseinkommen

Im Vergleich zum Durchschnittseinkommen eines Arbeitnehmers ist die Vollrente, also die gesetzliche Unfallrente bei einer 100-prozentigen Erwerbsminderung, eines verunfallten Kindes im Erwachsenenalter deutlich niedriger.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes hatte ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer letztes Jahr ein durchschnittliches Bruttoeinkommen inklusive Sonderzulagen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld von monatlich rund 4.650,00 Euro in West- sowie etwa 3.635,00 Euro in Ostdeutschland.

Fazit: Die gesetzliche Unfallversicherung bietet Kindern und Erwachsenen zum einem bei einer Vielzahl der Unfälle wie bei Freizeitunfällen keinen Versicherungsschutz, zum anderen sind auch schwere Unfallfolgen wie eine bleibende Erwerbsminderung finanziell nicht ausreichend abgesichert.

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