Was bei Eintritt einer Pflegebedürftigkeit zu tun ist

Tritt der Pflegefall ein, ist für den Betroffenen meist schnell eine bedarfsgerechte und bezahlbare Pflege zu Hause oder im Heim zu organisieren. Gut, wenn der Pflegebedürftige oder dessen Angehörige in solch einer schwierigen Situation wissen, was zu tun ist und mit welchen organisatorischen Unterstützungen und finanziellen Hilfen sie rechnen können.

Erster Schritt: Pflegeversicherung informieren und Antrag stellen

Nicht nur im Alter, auch bereits in jungen Jahren kann man durch eine Krankheit oder einen schweren Unfall zum Pflegefall werden. Letztes Jahr erhielten insgesamt knapp 4,9 Millionen Personen aufgrund einer vorhandenen Pflegebedürftigkeit Leistungen von der gesetzlichen Pflegeversicherung – Tendenz steigend. Gesetzlich Krankenversicherte sind über die soziale Pflegeversicherung (SPV), privat Krankenversicherte über die private Pflegepflichtversicherung (PPV) versichert. Allein seit 2017 wird jedes Jahr für knapp 1,2 bis über 1,3 Millionen Menschen bei der SPV ein Antrag auf Feststellung einer Pflegebedürftigkeit gestellt.

Für die meisten Betroffenen und deren nähere Angehörigen ist das Eintreten der Pflegebedürftigkeit eine organisatorische und auch finanzielle Herausforderung. Tipps, welche ersten Schritte in diesem Fall sinnvoll sind, enthalten unter anderem der downloadbare Flyer „Pflegebedürftig, was nun?“ und die Broschüre „Ratgeber Pflege“ des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG).

Der Pflegebedürftige oder stellvertretend ein naher und entsprechend bevollmächtigter Angehöriger oder Bekannter sollte sich zunächst an den Träger der Pflegeversicherung, welche für den Pflegebedürftigen zuständig ist, wenden, um einen Antrag auf gesetzliche Pflegeversicherungsleistungen zu stellen.

Bei einem gesetzlich krankenversicherten Pflegebedürftigen ist der Ansprechpartner für den Antrag die gesetzliche Krankenkasse, bei der automatisch auch die SPV besteht, da hier die zuständige Pflegekasse angegliedert ist. Hat der Betroffene eine private Krankenvollversicherung, ist der Antrag beim privaten Krankenversicherer, bei dem der Pflegebedürftige privat pflegepflichtversichert (PPV) ist, zu stellen.

Feststellung der Pflegebedürftigkeit

Nachdem der Antrag auf Pflegeleistungen gestellt ist, beauftragt die gesetzliche Krankenkasse den Medizinischen Dienst (MD) beziehungsweise der private Krankenversicherer den Prüfdienst Medicproof, damit ein Gutachter die Pflegebedürftigkeit und den Pflegegrad des Betroffenen feststellt. Der entsprechende Fachmann meldet sich diesbezüglich beim Pflegebedürftigen oder den Angehörigen, um einen Termin für eine entsprechende Begutachtung festzulegen.

Das BMG empfiehlt, dass die Person, die den Pflegebedürftigen aktuell betreut, bei der Begutachtung anwesend sein sollte. Sinnvoll ist es, dem Gutachter alle vorhandenen Arzt- und Klinikberichte, den aktuellen Medikamentenplan sowie ein Pflegetagebuch bei der Einstufung vorzulegen.

Einen Mustervordruck für ein Pflegetagebuch gibt es zum kostenlosen Download unter anderem bei manchen gesetzlichen Krankenkassen wie der KKH. In einem Pflegetagebuch sollte zum Beispiel eingetragen werden, bei welchen Tätigkeiten der Pflegebedürftige auf Hilfe angewiesen ist.

Hilfreiche Pflegeberatung

Hilfreich für den Betroffenen und seine Angehörigen ist in der Regel eine Pflegeberatung bei einem Fachmann bezüglich des individuell notwendigen Unterstützungsbedarfs, der Organisation der Pflege und der möglichen Leistungen, die einem von der SPV oder PPV zustehen. Jeder Pflegebedürftige, egal ob SPV- oder PPV-versichert, sowie dessen pflegender Angehöriger hat einen gesetzlichen Anspruch auf eine Pflegeberatung, wenn bereits Leistungen von der Pflegeversicherung genehmigt oder aber ein Antrag darauf gestellt wurden.

Durchgeführt wird die Pflegeberatung durch Mitarbeiter der zuständigen Krankenkasse oder privaten Krankenversicherung. Auf Wunsch kommt auch ein Pflegeberater der SPV oder PPV zum Pflegebedürftigen vor Ort. Alternativ kann man sich nach Absprache mit der Krankenkasse an einen sogenannten Pflegestützpunkt wenden – entsprechende regionale Anlaufadressen für SPV-versicherte Pflegebedürftige findet man im Webauftritt des Zentrums für Qualität in der Pflege, einer gemeinnützigen, operativen Stiftung.

PPV-Versicherte können nach Absprache mit dem privaten Krankenversicherer eine Pflegeberatung bei der  Compass Private Pflegeberatung, einem Tochterunternehmen des Verbandes der Privaten Krankenversicherung anfordern. Die Spezialisten beraten telefonisch oder wenn gewünscht vor Ort beim Pflegebedürftigen, zum Beispiel zu Hause.

Informationen zu den Pflegeversicherungsleistungen

Grundsätzlich sollte man bereits vor der Pflegeberatung darüber nachdenken, ob eine ambulante oder eine stationäre Pflege möglich ist beziehungsweise gewünscht wird. Sollte eine ambulante Pflege bevorzugt werden, stellt sich die Frage, ob diese allein durch einen ambulanten Pflegedienst oder durch Angehörige mit oder ohne ergänzende Unterstützung realisierbar wäre.

Welche individuellen Unterstützungs- beziehungsweise Pflegeleistungen unter anderem von der SPV oder PPV für den Pflegebedürftigen, aber auch für die pflegenden Angehörigen je nach Pflegegrad und Art der Pflege (ambulante oder stationäre Pflege) möglich sind und welche besonderen Rechte für die Betroffenen bestehen, darüber informiert die Pflegeberatung.

Grundlegende Informationen dazu enthalten das BMG-Webportal, die downloadbaren BMG-BroschürenRatgeber Pflege“, „Pflegeleistungen zum Nachschlagen“, „Ratgeber Demenz“ sowie der Webauftritt www.wege-zur-pflege.de des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Das BMFSFJ bietet zudem eine telefonische Beratung für Angehörige unter der Telefonnummer 030/20179131.

Zu den Pflegeleistungen der SPV und PPV gehören zum Beispiel das Pflegegeld für die ambulante Pflege durch eine Privatperson wie einen Angehörigen, die Pflegesachleistungen für die Inanspruchnahme eines ambulanten Pflegedienstes, ein Kostenzuschuss für Pflegehilfsmittel sowie Pauschalleistungen für die Kurzzeit– und/oder Verhinderungspflege oder die vollstationäre Pflege in einem Pflegeheim. Pflegende Angehörige haben unter Umständen einen Anspruch auf eine Familienpflegezeit, ein Pflegeunterstützungsgeld oder ein zinsloses Darlehen im Rahmen der Pflege- oder Familienpflegezeit.

Die Suche nach einem Pflegedienst oder Pflegeheim

Bei der Suche nach einem passenden ambulanten Pflegedienst oder einem stationären Pflegeheim sind folgende Webportale mit entsprechenden Adressen, zum Teil auch mit Bewertungen und Kostenübersichten, hilfreich: AOK-Pflegenavigator, BKK PflegeFinder (www.bkk-pflegefinder.de), Pflegekompass der Knappschaft (www.der-pflegekompass.de), Pflegelotse der Verband der Ersatzkassen (www.pflegelotse.de) und der Webauftritt der Weissen Liste gemeinnützige GmbH (www.weisse-liste-pflege.de).

Die letztgenannte Webadresse der Weissen Liste enthält auch downloadbare Checklisten, worauf man bei der Wahl eines Pflegeheimes oder eines ambulanten Pflegedienstes achten sollte.

Zu allen Fachfragen rund um die Pflegeversicherung ist die Fachabteilung KV der SDV AG gerne für Sie erreichbar:
Telefon: 0821 71008 300
E-Mail: kv@sdv.ag

 

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