Der neueste Rentenversicherungsbericht der Bundesregierung verdeutlicht, dass die gesetzliche Altersrente auch künftig immer weniger ausreicht, um den bisherigen Lebensstandard zu halten. Zugleich müssen sich die gesetzlich Rentenversicherten und deren Arbeitgeber auf höhere Rentenversicherungsbeiträge einstellen.
Jedes Jahr muss die Bundesregierung Ende November einen Rentenversicherungsbericht erstellen, der die aktuelle und künftige Lage der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) analysiert und zudem Auskunft über die voraussichtlichen notwendigen Änderungen des Rentenversicherungsbeitrages und die Entwicklung des Nettorentenniveaus, auch Sicherungsniveau vor Steuern genannt, in den nächsten 15 Jahren gibt. Die Angaben des Rentenversicherungsberichtes basieren auf verschiedenen Modellrechnungen mit unterschiedlichen Varianten in den Lohn- und Beschäftigungsentwicklungen.
Beitragssatz wird voraussichtlich ab 2024 steigen
Aktuell beträgt der gesetzliche Rentenbeitragssatz 18,6 Prozent. Der Rentenversicherungsbeitrag, den Arbeitnehmer und Arbeitgeber je zur Hälfte zu tragen haben, berechnet sich aus dem Bruttoarbeitsentgelt und dem genannten GRV-Beitragssatz. Nach dem aktuellen Rentenversicherungsbericht 2021 der Bundesregierung, der jüngst vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) veröffentlicht wurde, bleibt gemäß den Modellrechnungen der GRV-Beitragssatz bis 2023 zunächst bei den bisherigen 18,6 Prozent, steigt dann aber auf 19,5 Prozent bis 2024 und auf 19,7 Prozent bis 2025.
Danach ist jedes Jahr mit einer weiteren Steigerung zu rechnen. Laut Modellrechnung wird der Beitragssatz vermutlich bis 2027 auf 20,2 Prozent, bis 2030 auf 21,4 Prozent und bis 2035 auf 22,4 Prozent ansteigen. Damit müssen die rentenversicherungspflichtig Beschäftigten und deren Arbeitgeber ab 2024 mit einer jährlichen Erhöhung ihrer zu zahlenden GRV-Beiträge rechnen.
Grundlage für die Voraussagen im Rentenversicherungsbericht bis 2025 sind Einschätzungen des interministeriellen Arbeitskreises „Gesamtwirtschaftliche Vorausschätzungen“. Die Experten gehen von einer Lohnsteigerung in 2021 um 3,3 Prozent, in 2022 um 3,4 Prozent, in 2023 um 2,8 Prozent sowie in 2024 und 2025 um je 3,0 Prozent aus.
Die langfristigen Vorausschätzungen im Bericht von 2026 bis 2035 basieren auf einer mittleren Variante, nämlich auf einer Lohnerhöhung von im Schnitt plus 3,0 Prozent pro Jahr und einem Rückgang der Anzahl der Beschäftigten ab 2021 bis 2035 von 38,9 Millionen auf 36,1 Millionen Beschäftigte.
Nettorentenniveau fällt laut Modellrechnung auf unter 46 Prozent
Im Gegensatz zum GRV-Beitragssatz wird laut den Modellrechnungen der mittleren Variante das Sicherungsniveau vor Steuern (Nettorentenniveau) bis 2035 deutlich sinken. Das Nettorentenniveau gibt an, wie hoch die gesetzliche Altersrente eines sogenannten Eck- oder Standardrentners im Vergleich zum durchschnittlichen Nettoeinkommen der gesetzlich rentenversicherten Beschäftigten ist. Ein Eckrentner ist ein Musterrentner, der 45 Jahre lang ein Gehalt in Höhe des jährlichen Durchschnittsentgeltes aller gesetzlich Rentenversicherten hatte und entsprechende Beiträge in die GRV einzahlte.
Aktuell liegt das Nettorentenniveau bei 49,4 Prozent des bisherigen Nettoeinkommens. Auch in 2022 wird der gleiche Wert erwartet. Danach steigt das Sicherungsniveau vor Steuern vermutlich vorrübergehend in 2023 auf 50,4 Prozent, fällt dann aber bis zum Jahr 2035 deutlich auf 45,8 Prozent.
In den Jahren 2019 und 2020 lag der Wert übrigens noch bei 48,2 Prozent. „Der sprunghafte Anstieg des Sicherungsniveaus vor Steuern im Jahr 2021 ist sowohl auf den Rückgang der Bruttolöhne in 2020 als auch auf die statistische Revision der beitragspflichtigen Entgelte zurückzuführen“, so die Erklärung im Rentenversicherungsbericht.
Gesetzlich festgelegte doppelte Haltelinie wird eingehalten
Als Folge des Flexirentengesetzes wurde laut Bundesregierung die statistische Abgrenzung der beitragspflichtigen Entgelte in der Versichertenstatistik geändert, sodass nun deutlich mehr Beschäftigte mit sehr geringem Einkommen mitgezählt werden. Diese Revision führt statistisch insgesamt zu einem rund zwei Prozent niedrigeren Durchschnittslohn der gesetzlich Rentenversicherten – der unter anderem bei der Berechnung des Nettorentenniveaus eine Rolle spielt. Dies wirkt sich auf das ermittelte Nettorentenniveau ab Mitte 2021 aus, das damit um rund ein Prozent höher liegt als ohne Berücksichtigung der Revision.
Das Sicherungsniveau vor Steuern bereinigt um den Statistikeffekt der Revision würde laut Rentenversicherungsbericht 2021 und 2022 jeweils bei 48,3 Prozent liegen, 2023 auf 49,4 Prozent steigen und dann bis 2035 auf 44,9 Prozent fallen.
Insgesamt kann damit die seit 2019 in § 154 Absatz 3 Viertes Sozialgesetzbuch festgelegte doppelte Haltelinie eingehalten werden – und zwar mit oder ohne Berücksichtigung der statistischen Revision. Laut doppelter Haltelinie dürfen bis 2025 sowohl das Sicherungsniveau vor Steuern nicht unter 48 Prozent fallen als auch der gesetzliche Rentenbeitragssatz nicht über 20 Prozent steigen.
Die Bundesregierung ist gemäß dem genannten Gesetz verpflichtet, geeignete Maßnahmen den gesetzgebenden Institutionen vorzuschlagen, wenn die Modellrechnungen des Rentenversicherungsberichtes in der mittleren Variante ergeben, dass bis 2030 der Beitragssatz in der allgemeinen Rentenversicherung über 22,0 Prozent und das Nettorentenniveau unter 43,0 Prozent liegen. Nach dem aktuellen Bericht ist dies weder bis 2030 noch bis 2035 notwendig.
Die Bundesregierung rät zur zusätzlichen Altersvorsorge
Die Bundesregierung betont im Rentenversicherungsbericht ausdrücklich: „Der Rückgang des Sicherungsniveaus vor Steuern macht deutlich, dass für die Versicherten Handlungsbedarf besteht, die Einkommen im Alter zu verbessern. Es ist daher ratsam, frühzeitig die finanziellen Spielräume des Alterseinkünftegesetzes und die staatliche Förderung zu nutzen, um eine zusätzliche Vorsorge aufzubauen.“
Hinzu kommt, dass nur wenige bis zu ihrem Rentenbeginn tatsächlich alle Kriterien eines Eckrentners bezüglich Einkommenshöhe und Anzahl der GRV-Beitragszeiten erfüllen. Die meisten haben somit ein niedrigeres Nettorentenniveau als im Rentenversicherungsbericht angegeben. So konnten 2020 tatsächlich nur rund 37 Prozent der Neurentner, also der Personen, die 2020 eine gesetzliche Altersrente erstmalig ausbezahlt bekamen, mindestens 45 Jahre Beitragszeiten bis zum Rentenbeginn vorweisen, wie dies bei einem Eckrentner angenommen wird.
Und auch die jährliche Einkommenshöhe während des Erwerbslebens zum Beispiel während der Ausbildung entspricht bei Weitem nicht immer dem Durchschnittsentgelt aller gesetzlich Rentenversicherten. 1980 lag dieser durchschnittliche Bruttolohn zum Beispiel bei 29.485 DM, 1990 bei 41.946 DM, im Jahr 2000 bei 54.256 DM, 2010 bei 31.144 Euro in West- und 26.560 Euro in Ostdeutschland sowie 2020 bei 40.551 Euro in West- und 26.560 Euro in Ostdeutschland. 2021 sind es voraussichtlich 41.541 Euro in den alten und 39.338 Euro in den neuen Bundesländern.
Zu allen Fachfragen rund um die Altersvorsorge ist die Fachabteilung LV der SDV AG gerne für Sie erreichbar:
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