Die Abgrenzung, wann es sich bei einem Schadenereignis um einen versicherten Unfall oder einen nicht versicherten Betriebsschaden handelt, erzeugt regelmäßig Diskussionen. Derzeit wird eine Entscheidung des OLG Karlsruhe erörtert, bei der es um einen Reifenplatzer auf der Autobahn ging.
Um was ging es dabei konkret?
Im November 2017 fuhr der Versicherungsnehmer mit dem versicherten Auto, das zu diesem Zeitpunkt über Winterreifen verfügte, auf der Autobahn. Während der Fahrt kam es zu einem Reifenplatzer des linken Hinterreifens, worauf das Fahrzeug schleuderte. Der Versicherungsnehmer konnte es auf dem Standstreifen zum Anhalten bringen, wobei sich aber aufgrund des Platzers die linke Seitenwand des Reifens bereits komplett gelöst hatte. Diese gelösten Teile des Reifens beschädigten den Radkasten sowie die Seitenwand links und den hinteren Stoßfänger. Der Gutachter kam zum Schluss, dass es sich bei dem verunfallten Fahrzeug um einen Totalschaden handelte.
Was stand in den Versicherungsbedingungen?
In der Police des Versicherungsnehmers war zu lesen: „Versichert sind Unfälle des Fahrzeuges. Als Unfall gilt ein unmittelbar von außen plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirkende Ereignis. Nicht als Unfallschäden gelten vor allem Schäden, die aufgrund eines Brems- oder Betriebsvorganges entstehen oder reine Bruchschäden. Dazu zählen beispielsweise Schäden am Fahrzeug durch rutschende Ladung oder durch Abnutzung aufgrund Bedienungsfehler oder Überbeanspruchung des Fahrzeuges und Schäden zwischen ziehendem und gezogenem Fahrzeug ohne Einwirkung von außen“.
Wie lautete die Entscheidung des Gerichts?
Das Oberlandesgericht Karlsruhe berief sich in seinem Urteil auf die durchgeführte Beweisaufnahme, in der festgestellt wurde, dass der Reifen am Auto des Versicherungsnehmers nicht aufgrund des Eindringens eines Fremdkörpers geplatzt ist, sondern aufgrund eines Reifenschadens, der durch einen Montagefehler entstanden ist. Damit ist die Versicherung nach Auffassung des Gerichtes leistungsfrei.
Das Gericht berief sich in seiner Entscheidung auf eine Leitentscheidung des BGH aus dem Jahr 1954. Dort ist zu lesen, dass bei einem Reifenplatzer aufgrund eines eindringenden Fremdkörpers, ein Unfall im Sinn der üblichen Vollkaskoversicherung vorliegt. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Fremdkörper auf der Fahrbahn liegt und vom Auto überfahren wird oder ob er sich vorher auf dem Reifen befand und später infolge der Fahrt zum Platzen des Reifens führte.
Ein Unfall, wie er grundsätzlich in den Bedingungen einer Vollkaskoversicherung geführt wird, liegt aber dann nicht vor, wenn eine fehlerhafte Montage oder ein fehlerhafter Luftdruck bzw. ein schon im Vorfeld bestehender Reifenschaden zum Reifenplatzer während der Fahrt geführt hat.
Um Leistungen aus der Vollkaskoversicherung bei einem Reifenplatzer zu erhalten, müssen die Voraussetzungen eines Unfalles bewiesen werden. Beispielsweise indem nachgewiesen wird, dass ein Fremdkörper in den Reifen eingedrungen ist und ihn zum Platzen gebracht hat.
ALLE TERMINE DER SDV 2021 IM ÜBERBLICK – zur Anmeldung auf das Bild klicken: