Nicht nur Erwerbslose sind von Armut betroffen

Vor kurzem hat der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband einen neuen Armutsbericht veröffentlicht. Dieser zeigt, dass hierzulande mehr als jeder sechste Einwohner als einkommensarm gilt. Rund die Hälfte davon sind erwerbstätig oder Rentner.

14,2 Millionen Einwohner galten 2022 als einkommensarm

Nach einer offiziellen Definition des Eurostat, des Statistischen Amtes der Europäischen Union, gilt ein Einwohner als einkommensarm, wenn sein anteiliges im Haushalt verfügbares Gesamtnettoeinkommen (verfügbares Äquivalenzeinkommen) unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle liegt. Die Armutsgefährdungsschwelle beträgt 60 Prozent des mittleren Nettoeinkommens (Median) aller Haushalte in einem Land oder einer Region.

Gemäß dem aktuellen Paritätischen Armutsbericht 2024 des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands Gesamtverband e.V., der die Armut in der Bevölkerung für das Jahr 2022 analysierte, hatten 16,8 Prozent der Einwohner ein verfügbares Einkommen unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle. Damit galten hierzulande 14,2 Millionen Personen als arm, was mehr als jedem sechsten Einwohner entsprach.

Anteilig ist das der zweithöchste Wert seit über 15 Jahren. Den bisher höchsten Wert gab es im Jahr 2021 mit 16,9 Prozent. Der Armutsbericht weist zudem den niedrigsten Wert im Vergleichszeitraum im Jahr 2006 mit 14,3 Prozent aus. Seitdem stieg die Armutsquote fast kontinuierlich an. Der Armutsbericht basiert auf dem Mikrozensus, auch kleine Volkszählung genannt. Hierbei handelt es sich um eine jährliche repräsentative Befragung des Statistischen Bundesamtes von je rund einem Prozent der Haushalte Deutschlands.

Konkret galt im Berichtsjahr 2022 ein Einwohner als einkommensarm, wenn abhängig von der Haushaltsgröße sein anteiliges Gesamteinkommen inklusive Sozialleistungen folgende Armutsschwelle unterschritten hat:

  • Kinderloser Single 1.186 Euro,
  • Alleinerziehend mit einem Kind unter 14 Jahren 1.542 Euro,
  • Alleinerziehend mit einem Kind zwischen 14 und unter 18 Jahren 1.542 Euro,
  • Alleinerziehend mit zwei Kindern unter 14 Jahren 1.897 Euro,
  • Kinderloses Paar 1.779 Euro,
  • Paar mit einem Kind unter 14 Jahren 2.135 Euro,
  • Paar mit einem Kind zwischen 14 und unter 18 Jahren 2.372 Euro,
  • Paar mit zwei Kindern unter 14 Jahren 2.490 Euro,
  • Paar mit zwei Kindern zwischen 14 und unter 18 Jahren 2.965 Euro.

Armutsgefährdung nach Alter, Haushaltsgröße und Beschäftigung

Betrachtet man die einzelnen Personengruppen nach soziodemografischen Merkmalen, zeigt sich, dass nicht nur die Erwerbslosen von Armut betroffen waren, auch wenn von allen Erwerbslosen der Anteil der Einkommensarmen mit 49,7 Prozent am höchsten war.

Zum Teil weit über der gesamten Armutsquote in der Bevölkerung (16,8 Prozent) lag im Jahr 2022 auch der Anteil der von Armut Betroffenen bei allen Rentnern und Pensionären mit 18,1 Prozent, bei allen Einpersonenhaushalten mit 27,7 Prozent, bei allen Paaren mit drei oder mehr Kindern mit 32,1 Prozent sowie bei allen Alleinerziehenden mit Kindern mit 43,2 Prozent.

Generell sind von der Armut auch deutlich mehr Frauen als Männer betroffen. So galten im Berichtsjahr 17,8 Prozent aller Frauen und 15,8 Prozent aller Männer als einkommensarm.

Und auch hinsichtlich der Altersklassen zeigen sich deutliche Unterschiede. Besonders hoch war die Armutsquote bei den jungen und den alten Einwohnern. Von allen Minderjährigen waren 21,8 Prozent und von den 18- bis 24-Jährigen sogar 25,2 Prozent einkommensarm. Bei den 25- bis 49-Jährigen lag der Anteil dagegen bei 14,6 Prozent und bei den 50- bis 64-Jährigen bei 12,8 Prozent. Von allen Einwohnern mit einem Alter ab 65 Jahren waren dagegen 17,5 Prozent von Einkommensarmut betroffen.

Von allen armen Einwohnern ist fast jeder Vierte im Ruhestand

Betrachtet man die anteilige Zusammensetzung aller von Armut Betroffenen, zeigt sich auch hier, dass deutlich mehr Frauen als Männer als arm galten. Von allen einkommensarmen Einwohnern waren 53,6 Prozent Frauen und 46,4 Prozent Männer.

Von allen Einwohnern, die unter der Armutsschwelle lagen, waren zudem 26,4 Prozent erwerbstätig, 23,2 Prozent im Ruhestand, 21,8 Prozent Kinder unter 18 Jahren und 28,6 Prozent Erwerbslose oder sonstige Nichterwerbstätige.

Bei der Haushaltsgröße dominierten unter den von Armut betroffenen Haushalten die Einpersonenhaushalte mit einem Anteil von 33,4 Prozent. Den niedrigsten Anteil von allen Haushalten, die von Armut betroffen waren, hatten dagegen Haushalte aus zwei Personen und einem Kind mit 4,3 Prozent und zwei Erwachsene mit zwei Kindern mit 8,2 Prozent.

Betrachtet man die Altersklassen, waren die anteilig meisten, nämlich 27,3 Prozent der von Armut Betroffenen, zwischen 25 und 49 Jahre alt, gefolgt von jeweils 22,2 Prozent im Alter von unter 18 Jahren und ab 65 Jahren. Weitere 17,4 Prozent der Armen waren zwischen 50 und 64 Jahre alt und 11 Prozent zwischen 18 und 24 Jahre.

Der Armutsbericht belegt unter anderem, wie wichtig beispielsweise eine ausreichende Altersvorsorge sowie eine finanzielle Vermögensvorsorge für schwierige Zeiten wie Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Erwerbsunfähigkeit sind. Auch eine ausreichende Hinterbliebenenabsicherung für Paare kann helfen, damit im Todesfall eines Ehepartners der andere nicht in die Einkommensarmut rutscht.

Zu allen Fachfragen rund um die Einkommensabsicherung und Altersvorsorge ist die Fachabteilung LV der SDV AG gerne für Sie erreichbar:
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