Fast jeder vierte Pflegebedürftige ist jünger als 65 Jahre

Ende letzten Jahres erhielten hierzulande knapp 4,88 Millionen Pflegebedürftige Leistungen von der gesetzlichen Pflegeversicherung. Doch wer der Ansicht ist, dass eine Pflegebedürftigkeit fast nur im Alter eintritt, der irrt sich, wie die Statistikdaten des Bundesministeriums für Gesundheit belegen.

Neuer Höchststand bei der Anzahl der Pflegebedürftigen

Als pflegebedürftig gilt gemäß § 14 Elftem Sozialgesetzbuch (SGB XI), wer gesundheitsbedingt Beeinträchtigungen hinsichtlich der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten aufweist und deswegen auf die Hilfe anderer Personen angewiesen ist. Bei der Einschätzung der Pflegebedürftigkeit spielen körperliche, kognitive oder auch psychische Leiden oder Einschränkungen eine Rolle.

Ende letzten Jahres gab es in Deutschland fast 4,88 Millionen Einwohner, die aufgrund ihrer Pflegebedürftigkeit Leistungen von der gesetzlichen Pflegeversicherung erhielten, wie aktuelle Daten des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) zeigen. Insgesamt hat damit die Anzahl der Pflegebedürftigen einen neuen Höchststand erreicht. Allein gegenüber Ende 2020, damals waren es noch rund 4,57 Millionen Pflegebedürftige, betrug der Anstieg bis Ende 2021 fast 6,7 Prozent.

Grundsätzlich gilt in Deutschland eine Pflegeversicherungspflicht, das heißt, jeder Einwohner muss über eine Pflegeversicherung mit einem gesetzlich geregelten Mindestschutz für den Pflegefall abgesichert sein. Gesetzlich Krankenversicherte sind dazu über die soziale Pflegeversicherung (SPV) versichert. Träger der SPV ist in der Regel die Krankenkasse, bei der die Krankenversicherung der jeweiligen Person besteht. Privat Krankenversicherte benötigen dagegen einen Versicherungsvertrag über eine private Pflegepflichtversicherung (PPV) bei einem privaten Krankenversicherer.

Aufgeteilt nach SPV- und PPV-Versicherte gab es Ende 2021 über 73,51 Millionen SPV-Versicherte, von denen knapp 4,61 Millionen als pflegebedürftig eingestuft waren und entsprechende Leistungen von der gesetzlichen Pflegeversicherung erhielten. Zudem waren Ende 2020 – neuere Zahlen liegen noch nicht vor – etwa 9,19 Millionen Einwohner über die PPV versichert. Davon erhielten fast 273.000 PPV-Versicherte aufgrund einer festgestellten Pflegebedürftigkeit Pflegeversicherungsleistungen.

Auch Jüngere haben ein Risiko, pflegebedürftig zu werden

Das Pflegerisiko hängt unter anderem vom Alter ab, wie Statistiken belegen. So beträgt laut BMG die Wahrscheinlichkeit, im Alter zwischen 0 und unter 60 Jahren ein Pflegefall zu werden, 1,7 Prozent, bei der Altersgruppe der 60- bis unter 80-Jährigen sind es bereits 8,4 Prozent und im Alter ab 80 Jahren liegt die Pflegewahrscheinlichkeit sogar bei 41,6 Prozent.

Doch auch, wenn das Pflegerisiko im Alter deutlich höher ist als in jungen Jahren, ist fast jeder vierte Pflegebedürftige teils deutlich unter dem Rentenalter, wie die Pflegefallstatistik des BMG für das Jahr 2020 belegt – neuere Detaildaten der Pflegebedürftigen nach Altersgruppen liegen noch nicht vor.

So waren Ende 2020 über 4,32 Millionen gesetzlich Krankenversicherte pflegebedürftig und erhielten entsprechende Leistungen aus der SPV. Rund 23,6 Prozent dieser Pflegebedürftigen, und damit über 1,02 Millionen Betroffene, waren jünger als 65 Jahre. Fast jeder zehnte Pflegebedürftige, konkret über 423.000 Personen, hatten noch nicht einmal das 40. Lebensjahr erreicht. Die Ursache einer Pflegebedürftigkeit in jungen Jahren können unter anderem ein Unfall oder auch eine schwere Krankheit sein.

Die BMG-Statistik belegt aber auch, wie hoch das Pflegerisiko im Alter ist. So waren mehr als die Hälfte der Pflegebedürftigen, im Detail 52,0 Prozent beziehungsweise fast 2,25 Millionen Personen, 80 Jahre oder älter. Zum Vergleich: Der Anteil der ab 80-Jährigen an der Gesamtbevölkerung betrug Ende 2020 nur rund 7,1 Prozent; konkret gehörten von etwa 83,16 Millionen Einwohnern gerade einmal 5,94 Millionen Personen dieser Altersgruppe an.

Mit dem Alter steigt das Pflegefallrisiko überproportional an

Dass das Pflegerisiko mit dem Alter ab dem 50. Lebensjahr überproportional steigt, verdeutlicht der Anteil der Pflegebedürftigen bei den SPV-Versicherten je Alterskategorie in Fünf-Jahres-Schritten. Insgesamt erhielten von allen 73,36 Millionen SPV-Versicherten knapp 5,9 Prozent beziehungsweise 4,32 Millionen Personen Leistungen von der SPV aufgrund einer vorliegenden Pflegebedürftigkeit.

Im Detail waren von den SPV-Versicherten, die jünger als 15 Jahre waren, circa 1,9 Prozent und damit rund 186.600 Personen pflegebedürftig. Bei den 15- bis 50-Jährigen lag der Anteil bei jeder Altersgruppe deutlich unter zwei Prozent, nämlich zwischen 0,9 und 1,7 Prozent. Bei den 50- bis 54-Jährigen betrug der Anteil der Pflegebedürftigen zu allen SPV-Versicherten dieser Alterskategorie bereits knapp 2,0 Prozent und bei den 55- bis 59-Jährigen waren es fast 2,8 Prozent.

Von den 60- bis 64-jährigen SPV-Versicherten waren 4,0 Prozent pflegebedürftig, bei den 65- bis 69-Jährigen betrug der Anteil 5,9 Prozent und bei den 70- bis 74-Jährigen knapp 9,3 Prozent. Zudem waren rund 15,9 Prozent aller 75- bis 79-jährigen, 28,1 Prozent aller 80- bis 84-jährigen, 48,2 Prozent aller 85- bis 89-jährigen und sogar 67,8 Prozent aller ab 90-jährigen SPV-Versicherten als pflegebedürftig eingestuft.

Bundesministerium für Gesundheit empfiehlt private Vorsorge

Die statistischen Daten des BMG verdeutlichen, dass zwar das Pflegerisiko im Alter ansteigt, aber bereits auch in jungen Jahren die Gefahr besteht, zum Pflegefall zu werden. Das BMG rät zudem zu einer zusätzlichen privaten Vorsorge, da die gesetzliche Pflegeversicherung in Form der sozialen Pflegeversicherung (SPV) und der gesetzlichen Pflegepflichtversicherung (PPV) nur einen Teil der anfallenden Pflegekosten übernimmt.

Konkret heißt es im BMG-Webauftritt im Bereich Eigenvorsorge: „Da die gesetzliche Pflegeversicherung nur die Grundversorgung absichert und die tatsächlichen Pflegekosten in der Regel höher ausfallen, ist eine zusätzliche private Vorsorge sinnvoll.“

Zudem wird im BMG-Webauftritt auf die staatliche Unterstützung der privaten Pflegevorsorge des Einzelnen hingewiesen: „Um allen Menschen, also auch gerade denjenigen mit geringem Einkommen, den Abschluss einer Pflege-Zusatzversicherung zu ermöglichen, unterstützt der Staat die private Pflegevorsorge mit einer Zulage von 60 Euro im Jahr.“

Genannt werden hier auch die gesetzlichen Voraussetzungen, die eine solche staatlich geförderte private Pflegezusatzpolice erfüllen muss, die jeder Erwachsene, der gesetzlich pflegeversichert ist und noch keine Leistungen von der SPV oder PPV erhalten hat, abschließen kann. Zum Beispiel gibt es bei staatlich geförderten Pflegezusatzversicherungen keine Gesundheitsprüfungen, keine Risikozuschläge und auch keine Leistungsausschlüsse – und zwar unabhängig vom Gesundheitszustand der zu versichernden Person.

Zu allen Fachfragen rund um die Pflegeversicherung ist die Fachabteilung KV der SDV AG gerne für Sie erreichbar:
Telefon: 0821 71008 300
E-Mail: kv@sdv.ag

 

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