Altersarmut droht trotz höherem Mindestlohn

Ab 1. Oktober 2022 wird der Mindestlohn auf 12 Euro steigen. Doch auch diese Erhöhung reicht nicht aus, um selbst nach 35 oder 45 Jahren Erwerbstätigkeit eine gesetzliche Altersrente zu erhalten, die über der Armutsgrenze liegt.

Mindestlohn ab 1. Oktober 2022 bis 1. Januar 2024 12,00 Euro

Seit dem 1. Januar 2022 liegt die Höhe des Mindestlohns bei 9,82 Euro brutto je Arbeitsstunde. Am 1. Juli 2022 erfolgt dann laut einem Beschluss der Mindestlohnkommission eine Erhöhung auf 10,45 Euro. Normalerweise wird die Anpassungshöhe des Mindestlohns von der Mindestlohnkommission, einem unabhängigen Gremium, in dem Arbeitgeber und Gewerkschaften paritätisch vertreten sind und das von der Bundesregierung alle fünf Jahre neu berufen wird, turnusmäßig empfohlen.

Gemäß einer Vereinbarung im Koalitionsvertrag der aktuellen Regierungsparteien wird der Stundenlohn zum 1. Oktober 2022 einmalig auf 12,00 Euro brutto je Zeitstunde erhöht. Die Mindestlohnkommission soll dann über eventuell weitere Erhöhungsschritte erstmalig bis zum 30. Juni 2023 befinden, die dann zum 1. Januar 2024 in Kraft treten würden.

Monatliches Bruttogehalt durch Mindestlohn bei rund 2.080 Euro

Laut einer Musterberechnung würde jedoch selbst der Mindestlohn von 12,00 Euro bei einer 35- oder 45-jährigen Erwerbstätigkeit nach aktuellem Stand nicht ausreichen, dass die damit erworbenen Ansprüche auf eine gesetzliche Altersrente über der Altersarmutsgrenze liegen. Basis der Musterberechnungen ist die derzeit geltende Rentenberechnungsformel für eine gesetzliche Altersrente ohne Zu- oder Abschläge: Entgeltpunkte x aktueller Rentenwert.

Die bis Ende Juni 2022 geltenden aktuellen Rentenwerte betragen 34,19 Euro in West- und 33,47 Euro in Ostdeutschland. Zur Berechnung der Entgeltpunkte wird bei einem Arbeitnehmer in jedem Jahr der Verdienst durch das Durchschnittsentgelt aller gesetzlich Rentenversicherten des entsprechenden Jahres geteilt und die so ermittelten Entgeltpunkte bei Renteneintritt summiert. Für 2022 beträgt das vorläufige Durchschnittsentgelt aller gesetzlich Rentenversicherten 38.901 Euro. Zur Berechnung der Entgeltpunkte in Ostdeutschland wird der Verdienst noch um einen Umrechnungsfaktor, der in 2022 bei 1,042 liegt, erhöht.

Als Gehalt wird beim Musterbeispiel ein Bruttostundenlohn von 12,00 Euro, der dem Mindestlohn ab 1. Oktober 2022 entspricht, sowie eine 40-Stunden-Woche bei 52 Wochen im Jahr angenommen. Ein Arbeitnehmer hätte damit ein Jahresbruttogehalt von rund 24.960 Euro beziehungsweise ein Monatsgehalt von 2.080 Euro brutto.

Geringe gesetzliche Altersrente trotz Mindestlohn

Laut Musterbeispiel würden dem Arbeitnehmer mit einem Bruttostundenlohn von 12,00 Euro für das Jahr 2022 rund 0,6416 Entgeltpunkte in West- und knapp 0,6686 Entgeltpunkte in Ostdeutschland auf seinem Rentenkonto gutgeschrieben.

Wäre das Gehalt der Person im Musterbeispiel jedes Jahr anteilig so hoch gegenüber dem jeweils geltenden Durchschnittsentgelt aller gesetzlich Rentenversicherten wie in 2022, würde sie jährlich immer die gleiche Anzahl an Entgeltpunkte erhalten und hätte nach 35 Jahren Erwerbstätigkeit insgesamt (35 x 0,6416) 22,4570 Entgeltpunkte in West- und (35 x 0,6686) 23,4002 Entgeltpunkte in Ostdeutschland. Das wiederum entspräche auf Basis des aktuellen Rentenwerts (34,19 Euro West, 33,47 Euro Ost) einer monatlichen gesetzlichen Bruttoaltersrente von knapp 768 Euro in West- oder fast 783 Euro in Ostdeutschland.

Bei einer 45-jährigen Erwerbstätigkeit läge die monatliche Altersrente bei 987 Euro in den alten und knapp 1.007 Euro in den neuen Bundesländern.

Auch Grundrente kann bei Mindestlohn Altersarmut nicht verhindern

Laut Gesetz hat ein Geringverdiener, sofern er mindestens 35 Jahre Grundrentenzeiten vorweisen kann, zudem Anspruch auf eine zusätzliche Grundrente. Im Musterbeispiel würde die zusätzliche Grundrente nach 35-jähriger Erwerbtätigkeit rund 166 Euro in West- und 135 Euro in Ostdeutschland betragen. Der Arbeitnehmer hätte damit eine Gesamtbruttorente inklusive der Grundrente von rund 934 Euro in West- und 918 Euro in Ostdeutschland.

Bei einer 45-jährigen Erwerbstätigkeit wäre die Grundrente im genannten Beispiel genauso hoch, wie nach 35 Jahren, da die Grundrente maximal für 35 Beitragsjahre berechnet wird. Die gesamte gesetzliche Altersrente inklusive der Grundrente nach 45 Beitragsjahren beträgt im Musterbeispiel 1.153 Euro brutto in den alten und knapp 1.141 Euro brutto in den neuen Bundesländern.

Damit liegt bei einem Stundenlohn von 12,00 Euro die gesetzliche Altersrente inklusive einer Grundrente immer noch deutlich unter der Armutsgrenze, auch Armutsgefährdungsschwelle genannt, die laut Statistischem Bundesamt bei einem Alleinstehenden bei 1.173 Euro Nettoeinkünften pro Monat im Jahr 2020 lag. Dies gilt insbesondere, wenn man berücksichtigt, dass die ermittelten Renten- und Grundrentenhöhen Bruttowerte sind, das heißt, hiervon werden noch die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung sowie eventuell eine zu zahlende Einkommensteuer abgezogen. Zudem wird voraussichtlich 2022 die Armutsgefährdungsschwelle höher sein als vor zwei Jahren.

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