Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat im März entschieden, dass für die Anerkennung eines Meniskusschadens bei Profisportlern durch die gesetzliche Unfallversicherung keine in Stunden berechnete Mindesteinwirkungszeit oder eine prozentuale Mindestbelastung notwendig ist.
Was war passiert?
Ein Profihandballer, Geburtsjahrgang 1980, spielte seit seinem 11.Lebensjahr Handball und erhielt im Jahr 2001 ein Engagement als Profi in der Handballbundesliga. Mitte 2015 endete seine Karriere, bis dahin leistete er ca. 20 Trainings- bzw. Spielstunden pro Woche. Im Juli 2004 wurden bei einer Kernspintomographie zum ersten Mal gewisse Schädigungen an seinem Innenmeniskus im rechten Knie festgestellt. Im September 2016 stellte der junge Mann bei seiner Berufsgenossenschaft einen Antrag darauf, den Meniskusschaden als Berufskrankheit anzuerkennen. Dies wurde abgelehnt.
Mindesteinwirkungsdauer zu gering?
Der gesetzliche Unfallversicherer begründete sein Nein zum Anerkenntnis als Berufskrankheit damit, dass der Kläger keine Mindesteinwirkungsdauer in Höhe von 3200 Stunden durch die sportliche Tätigkeit auf den Meniskus nachweisen könne. Das ist aber bei einem Versicherten, der einer Tätigkeit im Ausmaß von 20 Wochenstunden, also einer Teilzeittätigkeit, nachgeht, notwendig. Um die Situation bzw. das Vorliegen einer Berufskrankheit feststellen zu können, sind aber die versicherten Zeiten von der ersten Diagnose bis zum Auftreten der degenerativen Veränderung, also im Zeitraum Juni 2001 bis Juli 2004, entscheidend. Während diesem hat der Kläger aber lediglich versicherte Zeiten für Training und Wettkampf im Ausmaß von 1776 Stunden gehabt.
Handball stellt eine überdurchschnittliche Belastung dar
Der Profihandballer brachte eine Klage gegen die Berufsgenossenschaft beim Sozialgericht Reutlingen ein, die abgewiesen wurde. Also wandte er sich mit einer Berufung an das Landessozialgericht Baden-Württemberg, dort wurde der Klage stattgegeben. Denn aus Sicht des Berufungsgerichtes ist es unstrittig, dass beim Handball die Kniegelenke durch die erforderlichen raschen Richtungsänderungen, die noch dazu bei hohem Tempo erfolgen, überdurchschnittlich belastet werden. Das hohe Tempo im Spielfluß sowie das teilweise unkontrollierte Aufkommen auf dem harten Hallenboden bei Sprungwürfen, stellen eine weitere mehr als durchschnittliche Belastung für die Kniegelenke dar.
Der Kläger ist nach Ansicht des Berufungsgerichtes zum Zeitpunkt, als die Schädigung das erste Mal nachgewiesen wurde, bereits seit drei Jahren als Profihandballer mit einer überdurchschnittlichen Meniskusbelastung tätig gewesen.
Meniskusschaden gilt als Berufskrankheit
Es entbehre demnach laut Gericht sowohl einer gesetzlichen als auch einer wissenschaftlichen Grundlage, wenn die Berufsgenossenschaft den Nachweis einer Mindestbelastungsdauer von 3200 Stunden fordere. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass Handballsport, wenn er professionell betrieben wird, allein schon durch die Intensität der notwendigen Trainings- und Spielbelastung zu einer wesentlich höheren Belastung führe als andere zahlreiche berufliche Tätigkeiten, die ebenfalls die Knie belasten. Deshalb kann die Tätigkeit als Handballprofi nicht mit einer Vollbeschäftigung in anderen Berufen in Relation gesetzt werden. Der Meniskusschaden ist deshalb als Berufskrankheit anzuerkennen.
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