Nur wer weiß, welche Früherkennungs- und Vorsorgeuntersuchungen es gibt und welche von der Krankenkasse oder dem Krankenversicherer bezahlt werden, kann nach Abwägung der Vor- und Nachteile entscheiden, ob er sie wahrnimmt – es geht letztendlich um die eigene Gesundheit.
Die Vor- und die Nachteile
Grundsätzlich haben Vorsorgemaßnahmen das Ziel, dass bestimmte Krankheiten und Leiden erst gar nicht auftreten. Das ist beispielsweise bei einer Darmkrebsvorsorge der Fall. Findet man bei der Darmspiegelung zum Beispiel Darmpolypen, werden diese entfernt. Es handelt sich bei den Polypen zwar meist um gutartige Schleimhautvorwölbungen, allerdings kann sich daraus im Laufe der Zeit Darmkrebs entwickeln.
Auch ein regelmäßiger Check-up gehört zur Gesundheitsvorsorge. Hier wird beispielsweise untersucht, ob bestimmte Risikomerkmale wie Bluthochdruck, erhöhter Blutzuckerspiegel oder Übergewicht vorliegen, die ohne Gegenmaßnahmen auf längere Sicht zu zahlreichen Krankheiten führen könnten.
Bei manchen Früherkennungsuntersuchungen geht es aber auch darum, bestimmte Krankheiten wie Brust- oder Hodenkrebs frühzeitig zu erkennen, denn dadurch ist oftmals eine schonendere Behandlung möglich. Zudem verbessern sich in einigen Fällen die Heilungschancen, wenn man ein Leiden bereits im Anfangsstadium erkennt und behandelt.
Allerdings können die Vorsorge- und Früherkennungsmaßnahmen auch Nachteile mit sich bringen. Nach Aussagen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), eine unabhängige wissenschaftliche Institution, die ausschließlich vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) und vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) beauftragt wird, kann eine Untersuchung Nebenwirkungen haben oder es kommt zu Komplikationen wie Verletzungen. Auch ein falscher Verdachtsbefund, der den Patienten unnötig verunsichert und belastet, ist möglich.
Gesetzlicher Anspruch
Es gibt diverse Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen, deren Kosten bei gesetzlich Krankenversicherten von den Krankenkassen als Träger der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) übernommen werden. Welche Untersuchungen von der GKV bezahlt werden, wird vom G-BA nach wissenschaftlichen Erkenntnissen auf Grundlage einer zweckmäßigen und wirtschaftlichen Gesundheitsversorgung festgelegt.
Allerdings gibt es auch zahlreiche Früherkennungsuntersuchungen, die zwar von Ärzten und Gesundheitsexperten empfohlen werden, aber nicht im Leistungskatalog der GKV enthalten sind und damit nicht automatisch von den Krankenkassen bezahlt werden. Manche Kassen übernehmen dennoch für bestimmte dieser Maßnahmen im Rahmen zusätzlicher Satzungsregelungen die Kosten.
Übrigens: Die vom G-BA festgelegten ambulanten Vorsorgemaßnahmen werden auch von den privaten Krankenversicherern für alle, die über eine ambulante Krankenvollversicherung abgesichert sind, übernommen. Je nach Vertragsvereinbarung beziehungsweise zugrunde liegendem Tarif leistet der Krankenversicherer zudem für weitere Früherkennungsuntersuchungen.
Konkret heißt es dazu im Webportal des Verbandes der Privaten Krankenversicherung e.V. (PKV-Verband): „Versicherte der privaten Krankenversicherungen haben Anspruch auf ärztliche Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten. Welche Maßnahmen im Versicherungsschutz enthalten sind, können Privatversicherte ihren Tarifinformationen bzw. -bedingungen entnehmen. Je nach Tarif kann das Leistungsspektrum dem der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) entsprechen oder auch umfassender sein. Auf jeden Fall aber erstatten die privaten Versicherer sämtliche ambulanten Vorsorgeuntersuchungen nach gesetzlich eingeführten Programmen. Festgelegt sind diese Programme in der Gesundheitsuntersuchungsrichtlinie des G-BA.“
Vorsorge- und Früherkennungsprogramm für alle Erwachsenen …
Für gesetzlich krankenversicherte Erwachsene sehen die G-BA-Gesundheitsuntersuchungsrichtlinien unter anderem folgende Früherkennungs- und Vorsorgeuntersuchungen vor, die von den Krankenkassen bezahlt werden:
- Ab dem 18. Lebensjahr – Check-up: Jeder erwachsene Krankenversicherte bis zum 35. Lebensjahr hat Anspruch auf einen einmaligen Check-up beim Arzt. Ab dem 35. Lebensjahr kann der Check-up alle drei Jahre durchgeführt werden. Untersucht werden unter anderem, welche Erkrankungsrisiken wie Bluthochdruck oder Leiden wie Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen oder Diabetes bereits bestehen. Die ab 35-jährigen Krankenversicherten können sich im Rahmen eines Check-ups einmalig auf die Viruserkrankungen Hepatitis B und Hepatitis C testen lassen.
- Ab dem 18. Lebensjahr – Zahnvorsorgeuntersuchungen: Jeder erwachsene Krankenversicherte kann einmal in jedem Kalenderhalbjahr von einem Zahnarzt untersuchen lassen, inwieweit Zahn-, Mund- oder auch Kiefererkrankungen wie beispielsweise Karies oder Parodontose vorliegen.
- Ab dem 35. Lebensjahr – Hautkrebs-Screening zur Früherkennung von Hautkrebs: Ab dem 35. Lebensjahr haben gesetzlich Krankenversicherte alle zwei Jahre Anspruch auf eine Untersuchung zur Hautkrebs-Früherkennung. Unter anderem kontrolliert der Arzt die Haut nach Auffälligkeiten und prüft gegebenenfalls, ob ein Verdacht auf Hautkrebs vorliegt.
- Ab dem 50. Lebensjahr – Programm zur Früherkennung von Darmkrebs: Wer zwischen 50 und 54 Jahre alt ist, kann einmal im Jahr zum Beispiel beim Hausarzt einen Test durchführen lassen, bei dem festgestellt wird, ob sich Blut im Stuhl befindet. Alternativ können Männer zwischen 50 und 54 Jahren zwischen dem jährlichen Test oder einer Darmspiegelung alle zehn Jahre wählen.
Männer und Frauen ab dem 55. Lebensjahr steht es frei, entweder alle zwei Jahre einen Test oder maximal zwei Darmspiegelungen im Abstand von zehn Jahren durchführen zu lassen. Ist der Stuhltest auffällig, besteht immer ein Anspruch auf eine Darmspiegelung. Laut dem IQWiG wird Männern und Frauen über 75 Jahren „in der Regel keine Darmspiegelung zur Früherkennung mehr empfohlen, da das Risiko für Komplikationen mit dem Alter zunimmt“.
… speziell für Frauen, …
Zudem gibt es spezielle Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen für Frauen:
- Bis zum 25. Lebensjahr können sich Frauen jährlich einem Chlamydien-Screening unterziehen. Chlamydien sind Bakterien, die unter anderem durch Sexualkontakt übertragbar sind und bei einer unbehandelten Infektion zu einer Unfruchtbarkeit bei Frauen führen können. Wird eine Chlamydien-Infektion festgestellt, lässt sich diese in der Regel unter anderem mittels Antibiotika komplett ausheilen.
- Ab dem 20. bis 35. Lebensjahr haben Frauen jedes Jahr und ab dem 35. bis zum 65. Lebensjahr alle drei Jahre Anspruch auf eine gynäkologische Untersuchung. Dabei wird unter anderem auf Gebärmutterhalskrebs oder eine Vorstufe davon kontrolliert.
- Ab dem 30. Lebensjahr steht Frauen zudem eine jährliche Brustkrebs-Früherkennungsuntersuchung. Dabei handelt es sich in der Regel um eine Tastuntersuchung der Brust. Ab dem 50. bis zum 69. Lebensjahr können sich Frauen alle zwei Jahre einem Mammographie-Screening unterziehen, also einer besonderen Röntgenuntersuchung der Brust zur Früherkennung von Brustkrebs.
Schwangere haben altersunabhängig Anspruch auf spezielle Untersuchungen, um „Gefahren für die Gesundheit von Mutter oder Kind möglichst frühzeitig zu erkennen und gegebenenfalls zu behandeln“, wie der G-BA betont. Von der GKV werden bei der normalen Schwangerenvorsorge unter anderem drei Ultraschalluntersuchungen, nämlich üblicherweise im dritten, sechsten und achten Schwangerschaftsmonat, ein einmaliger HIV-Test und ein Test auf Schwangerschaftsdiabetes bezahlt.
… für Männer …
Es gibt aber auch männerspezifische Vorsorge- und Früherkennungsmaßnahmen:
- Ab dem 45. Lebensjahr können Männer jährlich eine Untersuchung zur Früherkennung urologischer Krebserkrankungen wie die Früherkennung von Prostatakrebs durchführen lassen.
- Ab dem 65. Lebensjahr haben Männer einmal die Möglichkeit, ein Ultraschall-Screening zur Früherkennung von Bauchaortenaneurysmen zu nutzen, da solche Ausbuchtungen an der Bauchaorta nach Angaben der IQWiG in dieser Personengruppe häufiger auftreten als bei anderen Menschen. Wird ein Aneurysma nicht rechtzeitig entdeckt und gegebenenfalls nicht behandelt, kann es reißen, was lebensgefährlich ist.
… sowie für Kinder und Jugendliche
Des Weiteren gibt es spezielle Vorsorge- und Früherkennungsmaßnahmen für Kinder und Jugendliche. Gleich nach der Geburt besteht ein Anspruch auf die erste von insgesamt 10 U-Untersuchungen. Die U-Untersuchungen haben das Ziel, Erkrankungen und Entwicklungsstörungen des Kindes frühzeitig zu erkennen und – wenn vorhanden – zu heilen beziehungsweise diese zu verhindern, wenn vorhandene Risikomerkmale festgestellt wurden.
Je nach Alter werden die Gesundheit, darunter die Sinnesorgane wie das Hören und Sehen, die Reflexe, die Bewegungsfähigkeit und Motorik sowie die körperliche, geistige und sprachliche Entwicklung untersucht. Folgende U-Untersuchungen gibt es laut G-BA: U1 direkt nach der Geburt, U2 am 3. bis 10. Lebenstag, U3 in der 4. bis 5. Lebenswoche, U4 im 3. bis 4. Lebensmonat, U5 im 6. bis 7. Lebensmonat, U6 im 10. bis 12. Lebensmonat, U7 im 21. bis 24. Lebensmonat, U7a im 34. bis 36. Lebensmonat, U8 im 46. bis 48. Lebensmonat und U9 im 60. bis 64. Lebensmonat.
Ab dem 13. bis 14. Lebensjahr steht Jugendlichen eine J1-Untersuchung zu. Untersucht wird hier neben dem allgemeinen Gesundheitszustand, inwieweit psychische Auffälligkeiten, Schulleistungsprobleme oder gesundheitsgefährdendes Verhalten wie Drogen- oder Alkoholkonsum vorliegen. Zudem erfolgt eine Beratung auf Grundlage der Untersuchungsergebnisse, um einen gesunden Lebensstil zu erreichen.
Des Weiteren gibt es folgende zahnärztliche Untersuchungen bei Kindern und Jugendlichen, die die GKV übernimmt:
- Zwischen dem 6. Lebensmonat und dem 6. Lebensjahr haben Kinder zusätzlich einen Anspruch auf insgesamt 6 Vorsorgeuntersuchungen beim Zahnarzt. Darin enthalten ist auch die „Beratung und Aufklärung der Betreuungspersonen unter anderem zu Kariesrisiken und zur richtigen Mundhygiene des Kindes, Auftragen von Fluoridlack zur Schmelzhärtung bzw. bei hohem Kariesrisiko“, so der G-BA.
- Ab dem 6. bis zum 18. Lebensjahr besteht ein Anspruch auf eine Kontrolle beim Zahnarzt je Kalenderhalbjahr. „Ab dem 12. Lebensjahr werden die Untersuchungen in ein Bonusheft Diese Eintragungen dienen später als Nachweis für den Anspruch auf erhöhte Zuschüsse zum Zahnersatz“, so das BMG.
Detaillierte Informationen
Detaillierte Informationen rund um die einzelnen im Leistungskatalog der GKV enthaltenen Früherkennungs- und Vorsorgemaßprogramme findet man in den Webportalen des G-BA und des IQWiG. Das IQWiG gibt zudem Auskunft über die Vor- und Nachteile der jeweiligen Untersuchungen. Es gibt aber noch diverse andere Vorsorge- und Früherkennungsmaßnahmen, die nicht im GKV-Leistungskatalog enthalten sind, aber von Ärzten und Gesundheitsexperten empfohlen werden.
Vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V. (BVKJ) werden beispielsweise drei weitere Untersuchungen empfohlen, die nicht von den Krankenkassen bezahlt werden müssen. Dazu gehört die U10 ab dem 7. bis 8. Lebensjahr sowie die U11 ab dem 9. bis 10. Lebensjahr. Hier wird unter anderem untersucht, ob Entwicklungs- oder Verhaltensstörungen wie Lernstörungen, Depressionen oder Wachstumsstörungen vorliegen. Ferner rät der BVKJ zu einer J2-Untersuchung ab dem 16. bis 17. Lebensjahr. Unter anderem wird hier kontrolliert, ob Gesundheitsstörungen, Verhaltensauffälligkeiten wie ein Suchtverhalten, Pubertäts- oder Sexualitätsstörungen vorliegen. Zudem wird über die Berufswahl gesprochen.
Inwieweit die Kosten für diese oder weitere von Ärzten empfohlene, aber nicht im GKV-Leistungskatalog aufgeführte Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen von der bestehenden Krankenversicherung überkommen werden, sollte man vorab direkt bei der Krankenkasse oder dem Krankenversicherer erfragen.
So kann beispielsweise bei einem gesetzlich Krankenversicherten in der Satzung der Krankenkasse, bei der er versichert ist, oder bei einem privat Krankenversicherten im von ihm ausgewählten Tarif der bestehenden privaten Krankenversicherung geregelt sein, dass die Kosten für die gewünschte Untersuchung übernommen werden. Möglich ist auch, dass im individuellen Fall bestimmte bereits bestehende Vorerkrankungen oder Risikofaktoren dazu führen, dass die Krankenkasse oder der Krankenversicherer die Kosten für die entsprechende Früherkennungsuntersuchung übernimmt.
Zu allen Fachfragen rund um die Krankenversicherung ist die Fachabteilung KV der SDV AG gerne für Sie erreichbar:
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