Es gibt diverse Ursachen wie ein Unfall, eine Krankheit oder ein altersbedingtes Leiden, die dazu führen können, dass andere in den verschiedensten Bereichen des täglichen Lebens für einen entscheiden müssen. Wer jedoch entsprechend vorsorgt, zum Beispiel mit einer Vorsorgevollmacht, kann selbst bestimmen, wer in diesem Fall die Entscheidungen trifft.
Selbst der Ehepartner darf nicht alles entscheiden
Ein Autounfall, ein Schlaganfall, ein psychisches Leiden oder eine Demenz, solche und andere nicht vorhersehbare Ereignisse können zur Folge haben, dass man kurzfristig oder dauerhaft keine rechtsverbindlichen Entscheidungen mehr treffen oder seine Angelegenheiten nicht selbst regeln kann. Daher ist es sinnvoll, frühzeitig mit einer Vorsorgevollmacht festzulegen, welche Vertrauensperson(en) im Fall des Falles die Entscheidungen treffen soll(en) und für welche rechtlichen Teilbereiche die Entscheidungsbefugnis jeweils gelten soll.
Man kann hier unter anderem bestimmen, wer für einen
- die Post annehmen und öffnen, den Anrufbeantworter abhören oder auch Verträge mit Telekommunikationsunternehmen ändern oder kündigen kann,
- in Bank-, Behörden-, Gerichts- und Versicherungsangelegenheiten entscheiden darf und beispielsweise Versicherungsverträge kündigen, Kontostände abrufen und Geld vom Bankkonto überweisen und auch abheben kann,
- in medizinischen Belangen entscheiden kann, beispielsweise ob Maßnahmen wie eine Operation durchgeführt werden dürfen oder eine Unterbringung in einem Alten- oder Pflegeheim erfolgen soll,
und/oder auch, wer für einen
- einen bestehenden Mietvertrag kündigen oder eine Immobilie verkaufen darf.
Sollte man keine derartige Vorsorgevollmacht ausgestellt haben und in eine Situation kommen, in der man keine eigenen Entscheidungen mehr treffen kann, bestellt das Gericht einen Betreuer. Dabei kann es sich um eine fremde Person handeln, die die Vorstellungen und Wünsche des Betroffenen nicht kennt und möglicherweise deshalb auch nicht unbedingt nach diesen handelt. Durch eine Vorsorgevollmacht nach § 1820 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) soll also eine solche rechtliche Betreuung nach § 1814 BGB vermieden werden.
Selbst der Ehepartner ist ohne eine Vorsorge- oder Betreuungsvollmacht übrigens nur gesetzlich befugt, für die Dauer von höchstens sechs Monaten Entscheidungen in medizinischen Belangen zu treffen, wenn der andere Ehegatte wegen Bewusstlosigkeit, Koma oder Krankheit nicht selbst dazu in der Lage ist. In allen anderen Bereichen darf der Ehepartner seinen Ehegatten ohne eine Vollmacht nicht vertreten, außer er wird vom Gericht als Betreuer bestimmt.
Details zur Vorsorgevollmacht
Man sollte sich jedoch auch darüber im Klaren sein, dass man mit einer Vorsorgevollmacht der bevollmächtigten Person weitreichende Befugnisse einräumt. Deshalb sollte man dieser Person beziehungsweise diesen Personen entsprechend vertrauen. Möchte man die Aufgaben aufteilen, kann man entweder mehreren Personen dieselben Vollmachten geben oder für einzelne Entscheidungsbereiche unterschiedliche Bevollmächtigte festlegen. In beiden Fällen muss für jede bevollmächtigte Person eine eigene Vollmacht erstellt werden.
Grundsätzlich kann eine Vorsorgevollmacht nur durch eine volljährige, geschäftsfähige Person erteilt werden. Die Vorsorgevollmacht sollte schriftlich vorliegen und von dem Vollmachtgeber und dem oder den Bevollmächtigten unterschrieben sein. Eine notarielle Beurkundung ist bis auf wenige Ausnahmen nicht zwingend notwendig.
Eine Vorlage einer Vorsorgevollmacht kann unter anderem im Webauftritt des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) kostenlos heruntergeladen werden. Diese regelt die Rechtsbereiche Gesundheitsvorsorge beziehungsweise Pflegebedürftigkeit, Aufenthalt und Wohnungsangelegenheiten, Behörden, Vermögenssorge, Post und Fernmeldeverkehr sowie Vertretung vor Gericht.
Auch von den Verbraucherzentralen gibt es mit der kostenlose Online-Vorsorgevollmacht „Selbstbestimmt – die Online-Vorsorgevollmacht der Verbraucherzentralen“ eine komfortable Möglichkeit, eine solche zu erstellen, da jeder Schritt erläutert wird. Damit die Vorsorgevollmacht rechtssicher ist, sollte sie zudem ausgedruckt und eigenhändig vom Vollmachtgeber unterschrieben sein. Wichtig ist zudem, dass der Ausstellungsort und das Ausstellungsdatum darauf vermerkt sind.
Was bei Bank- und Immobilienangelegenheiten gilt
Kompliziert wird es beim Thema Immobilien, denn um Immobilien- und Grundstücksgeschäfte wie einen Kauf, einen Verkauf oder eine Beleihung durchführen zu können, reicht eine ausgefüllte und unterschriebene Vorsorgevollmacht allein nicht aus.
Diese muss entweder notariell beurkundet oder öffentlich bei der Betreuungsbehörde beglaubigt worden sein. Nur dann kann der Bevollmächtigte mit der Vorsorgevollmacht Immobilien erwerben oder veräußern. Die Gebühr für die Beglaubigung bei der Betreuungsbehörde beträgt üblicherweise 10 Euro, eine notarielle Beurkundung ist in der Regel teurer.
Wer Kredite in Namen des Vollmachtgebers aufnehmen möchte, benötigt in der Regel eine notariell beurkundete Vorsorgevollmacht. Zwar gilt das nicht für die sonstigen Bankangelegenheiten wie der Kontoeinsicht oder dem Überweisen oder Geldabheben vom Konto des Vollmachtgebers, aber immer wieder gibt es auch Banken, die für diese Tätigkeiten des Bevollmächtigten eine Vorsorgevollmacht nur dann akzeptieren, wenn sie notariell beurkundet oder beglaubigt ist.
Wer dies umgehen möchte, sollte als Vollmachtgeber beizeiten eine gesonderte Konto- und Depotvollmacht für den gewünschten Bevollmächtigten beim jeweiligen Geldinstitut eintragen lassen.
Wenn Zweifel bestehen
Wichtig: Solange der Vollmachtgeber geschäftsfähig ist, kann er eine bereits ausgestellte Vollmacht jederzeit widerrufen; idealerweise in schriftlicher Form verbunden mit der Aufforderung, die Originalvollmacht an den Vollmachtgeber zurückzugeben.
Übrigens kann auch jeder, der Zweifel an der bestimmungsgemäßen Umsetzung der Vollmacht hat, „beim Betreuungsgericht formlos die Bestellung eines Kontrollbetreuers anregen. Dessen Aufgabe ist es, die Rechte der bevollmächtigenden Person gegenüber der bevollmächtigten Person geltend zu machen“, schreibt das BMJ auf seiner Webseite zu diesem Thema.
Wohin mit der Vorsorgevollmacht?
Eine bevollmächtigte Person kann nur dann tätig werden, wenn sie die Vorsorgevollmacht im Original vorlegen kann. Dies sollte bei der Frage bedacht werden, wo die Vorsorgevollmacht aufbewahrt wird. Am einfachsten ist es, wenn die Vorsorgevollmacht beim Vollmachtnehmer liegt, allerdings sollte dann vorher abgesprochen werden, dass diese nur dann genutzt wird, wenn der Vorsorgefall auch eingetreten ist.
Eine Alternative ist, dass die Vorsorgevollmacht beim Vollmachtgeber verbleibt, allerdings an einem Ort, auf den der Vollmachtnehmer im Fall des Falles auch Zugriff hat – also beispielsweise in einer bestimmten Schublade, die er kennt. Wurde die Vollmacht bei einem Anwalt oder Notar erstellt, kann sie dort auch hinterlegt werden.
Außerdem besteht die Möglichkeit, beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer zu erfassen, dass eine entsprechende Vorsorgebevollmächtigung existiert. Wichtig: Hier wird zwar der Namen der bevollmächtigten Person(en) erfasst, nicht aber die Vorsorgevollmacht selbst. Das Betreuungsgericht oder behandelnde Ärzte können sich hier dennoch, beispielsweise wenn ein Patient nicht ansprechbar ist und eine Entscheidung über eine medizinische Behandlung ansteht, darüber informieren, ob eine Vollmacht vorliegt und wer der Bevollmächtigte ist.
Weitere Tipps, Anlaufstellen und Hilfen
Wenn es sich um ein besonders umfangreiches Vermögen handelt, Immobilienvermögen vorhanden ist oder mehrere bevollmächtigte Personen eingesetzt werden sollen, empfiehlt das BMJ, zur Erstellung einer Vorsorgevollmacht einen Anwalt oder Notar hinzuzuziehen. Außerdem gibt es in allen Bundesländern regionale Betreuungsvereine, die einen unter anderem bezüglich der Erstellung einer Vorsorgevollmacht beraten. Informationen erhält man zudem bei den örtlichen Betreuungsbehörden.
Weiterführende Informationen sowie Vorlagen zur Vorsorgevollmacht enthalten zudem die Broschüre „Betreuungsrecht“ des BMJ, die auch in leichter Sprache zur Verfügung steht, sowie der Ratgeber „Vorsorgevollmacht und Betreuungsrecht“ des Ministeriums der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen. Alle Broschüren sind kostenlos downloadbar.
Besonders umfassende Ausführungen zur Vorsorgevollmacht, aber unter anderem auch zur Patientenverfügung und zur Betreuungsverfügung enthalten die ebenfalls kostenlos herunterladbaren Ratgeber „Der große Vorsorgeberater“ und „Vorsorge für Unfall, Krankheit, Alter“ des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz.
Zu allen Fachfragen rund um die Kranken- und Pflegeversicherung ist die Fachabteilung KV der SDV AG gerne für Sie erreichbar:
Telefon: 0821 71008 300
E-Mail: kv@sdv.ag