Auch eine Krankheit kann den Job kosten

Wer als Arbeitnehmer überzeugt ist, dass er aufgrund einer Krankheit von seinem Arbeitgeber nicht gekündigt werden kann, der irrt sich, wie Gerichtsurteile belegen. Dennoch müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, damit eine solche Jobkündigung auch rechtens ist.

Kündigung auch im Krankenstand möglich

In Deutschland haben Arbeitnehmer generell einen besonderen gesetzlichen Kündigungsschutz. Grundlage dafür sind unter anderem Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) wie die gesetzlich geregelten Kündigungsfristen gemäß § 622 BGB sowie die Bestimmung, dass eine Jobkündigung laut § 623 BGB nur schriftlich und zudem nicht nur in elektronischer Form erfolgen kann. Eine mündliche, aber auch eine nur per Fax, E-Mail oder WhatsApp ausgesprochene Kündigung ist demnach nicht rechtswirksam.

Je nach Betriebsgröße und Firmenzugehörigkeit gilt für abhängig Beschäftigte in einem Unternehmen, das nicht als Kleinbetrieb zählt, zudem das Kündigungsschutzgesetz (KSchG), das einen noch besseren Arbeitnehmerschutz bietet, da es unter anderem die Gründe für eine rechtmäßige Kündigung einschränkt.

Das KSchG gilt im Detail für Arbeitnehmer mit einer Betriebszugehörigkeit von mindestens sechs Monaten, sofern der Arbeitgeber mehr als zehn Mitarbeiter regelmäßig beschäftigt. Für alle, deren Betriebszugehörigkeit bereits vor dem 1. Januar 2004 begonnen hat, greift das KSchG bereits, wenn der Arbeitgeber am 31. Dezember 2003 sowie zum Zeitpunkt der Kündigung mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigte. Ein Teilzeitbeschäftigter mit bis zu 20 Stunden Wochenarbeitszeit zählt dabei als 0,5 Arbeitnehmer und mit bis zu 30 Wochenarbeitsstunden als 0,75 Arbeitnehmer.

Unabhängig von der Unternehmensgröße kann ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer jedoch auch, während dieser im Krankenstand ist, eine ordentliche Kündigung unter Einhaltung der gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist sowie eine außerordentliche beziehungsweise fristlose Kündigung aussprechen, sofern der Kündigungsgrund rechtens ist.

Willkürliche Kündigungen, wie eine Kündigung aus sachfremden Gründen wie Rache, sind laut Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verboten. Ein Arbeitgeber muss allerdings bis auf wenige Ausnahmen den Kündigungsgrund nicht automatisch bei einer ordentlichen Kündigung im Kündigungsschreiben angeben. Der Arbeitnehmer kann jedoch vom Arbeitgeber verlangen, dass er ihm den Grund schriftlich mitteilt.

Besonderer Schutz in Betrieben mit mehr als zehn Mitarbeitern

In Unternehmen, die keine Kleinbetriebe sind, also in Betrieben mit mehr als zehn Mitarbeitern, ist laut dem § 1 KSschG eine Kündigung nur rechtens, wenn sie sozial gerechtfertigt ist. Dazu muss ein verhaltens-, betriebs- oder personenbedingter Kündigungsgrund vorliegen.

Kommt ein Arbeitnehmer trotz bereits erfolgter Abmahnung ständig zu spät oder wurde er eines Spesenbetruges überführt, liegt beispielsweise ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund vor.

Eine betriebsbedingte Kündigung ist rechtens, wenn die Abteilung oder die Filiale geschlossen wird, bei der der Arbeitnehmer beschäftigt ist, und zudem keine Möglichkeit besteht, den Arbeitnehmer anderweitig im Unternehmen arbeiten zu lassen. Sozial ungerechtfertigt und damit unwirksam wäre eine betriebsbedingte Kündigung zudem, wenn laut § 1 Absatz 3 KSchG der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Beschäftigten dessen „Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt“ hätte.

Liegt ein verhaltens- oder betriebsbedingter Kündigungsgrund vor, kann die Kündigung, wie bereits erwähnt, auch erfolgen, während ein Arbeitnehmer krankgeschrieben ist.

Eine negative Gesundheitsprognose alleine …

Zu den personenbedingten Kündigungsgründen zählt unter anderem die krankheitsbedingte Kündigung. In dem Fall kann der Arbeitnehmer nicht nur während, sondern auch wegen seiner Erkrankung gekündigt werden.

Allerdings ist dies nur möglich, wenn eine „negative Gesundheitsprognose“ besteht, das heißt, wenn der Arbeitnehmer krankheitsbedingt auch künftig vermutlich seine vertraglichen Pflichten als Beschäftigter voraussichtlich nicht oder nur eingeschränkt im vollen Umfang erfüllen kann.

Dies kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer schon seit längerem krankgeschrieben ist und sich dies auch auf längere Sicht oder sogar dauerhaft nicht ändern wird. Gleiches gilt, wenn eine Krankheit zu einer dauerhaften Leistungsminderung führt.

Auch wer häufig erkrankt, selbst wenn es sich jeweils nur um kurze krankheitsbedingte Arbeitsausfälle handelt, kann personenbedingt gekündigt werden. Dies ist laut Rechtsprechung insbesondere der Fall, wenn ein Arbeitnehmer innerhalb der letzten drei Jahre jedes Kalenderjahr insgesamt mehr als 30 Tage krankgeschrieben war.

… reicht nicht für eine Kündigung

Sozial gerechtfertigt ist eine krankheitsbedingte Kündigung jedoch nur, wenn neben der negativen Gesundheitsprognose zudem feststeht, dass der zu erwartende Krankheitsverlauf des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung betrieblicher Interessen führt. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn trotz möglicher Überbrückungsmaßnahmen wichtige Arbeiten nicht erledigt werden können oder ein Produktionsausfall droht.

Des Weiteren muss eine Abwägung zwischen den Arbeitgeber- und den Arbeitnehmerinteressen zugunsten des Arbeitgebers ausgefallen sein. Hierbei wird geprüft, ob es dem Arbeitgeber zuzumuten ist, den Arbeitnehmer beispielsweise nach einer betrieblichen Wiedereingliederung weiterzubeschäftigen. Bei der Abwägung ist unter anderem das Alter oder der Familienstand des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, aber auch, ob die Arbeitsunfähigkeit berufsbedingt eingetreten ist.

Ist ein Arbeitnehmer binnen eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, muss der Arbeitgeber gemäß § 167 SGB IX (Neuntes Sozialgesetzbuch) mit der zuständigen Interessenvertretung wie dem Betriebsrat sowie mit Zustimmung und Beteiligung des betroffenen Beschäftigten klären, „wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement)“.

Wenn nur eines der drei Merkmale fehlt, also die negative Gesundheitsprognose, eine unzumutbare betriebliche Belastung sowie eine Interessensabwägung zugunsten des Arbeitgebers, ist eine krankheitsbedingte Kündigung unwirksam, wie diverse Gerichtsurteile belegen.

Kleinbetriebe haben mehr Kündigungsfreiheiten

Kleinbetriebe können dagegen einem Arbeitnehmer kündigen, selbst wenn kein personen-, verhaltens- oder betriebsbedingter Grund vorliegt, da das KSchG hier nicht gilt. Die Kündigung muss somit nicht gemäß dem KSchG sozial gerechtfertigt sein, allerdings muss auch ein Kleinbetrieb bei der Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer ein gewisses Maß an sozialer Rücksichtnahme beachten, wie die Rechtsprechung belegt.

Grundsätzlich ist jedoch auch in einem Kleinbetrieb eine krankheitsbedingte Kündigung möglich, sofern sie nicht den grundlegenden Kündigungsschutzstandards, die unabhängig von der Betriebsgröße für alle Unternehmen gelten, entgegensteht.

Kündigungsschutzstandards, die für alle Betriebe gelten

Zu den grundlegenden Kündigungsschutzstandards, die für alle Unternehmensgrößen gelten, gehört, dass eine Kündigung nicht aus diskriminierenden Gründen im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), also beispielsweise aufgrund des Alters, des Geschlechts, der ethnischen Herkunft, der sexuellen Orientierung oder Religionszugehörigkeit des betreffenden Arbeitnehmers, erfolgen darf.

Nicht erlaubt ist zudem in Anlehnung an die §§ 138 und 242 BGB eine sitten- oder treuwidrige Kündigung. So muss ein Grundmaß an sozialer Rücksichtnahme beispielsweise bei langjährigen Mitarbeitern gewährt sein. Auch eine Kündigung aufgrund einer rechtlich zulässigen Rechtsausübung, zum Beispiel weil ein Arbeitnehmer in eine Gewerkschaft eintritt, ist laut § 612 BGB im Rahmen des sogenannten Maßregelungsverbot nicht rechtens.

Darüber hinaus gibt es bestimmte Personengruppen, die als Arbeitnehmer unabhängig von der Betriebsgröße einen besonderen Kündigungsschutz genießen. Dazu gehören Schwangere, Betriebsratsmitglieder, Schwerbehinderte, Arbeitnehmer während der Elternzeit oder während der Pflege eines nahen Angehörigen.

Eine Kündigung seitens des Arbeitgebers ist für diese Personen bis auf wenige Ausnahmen in der Regel nicht möglich, egal wie groß der Betrieb ist, solange keine anderslautende behördliche Genehmigung vorliegt. Weitere Informationen zum Kündigungsschutz für Arbeitnehmer enthält die kostenlos downloadbare Broschüre „Kündigungsschutz“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

Kostenschutz bei einem Arbeitsgerichtsprozess

Ist man als Arbeitnehmer der Ansicht, dass eine Kündigung nicht rechtens ist, kann man die Angelegenheit auch gerichtlich vor einem Arbeitsgericht klären lassen. Allerdings müssen sowohl der Arbeitnehmer wie auch der Arbeitgeber bei einem Gerichtsprozess die eigenen Anwaltskosten in der ersten Instanz selbst tragen – und zwar unabhängig davon, wer den Rechtsstreit gewonnen oder verloren hat.

Kostenschutz für Arbeitnehmer bietet hierzu eine Privatrechtsschutzversicherung, sofern der Berufsrechtsschutz inkludiert ist. Aber auch als Arbeitgeber kann man sich mit einer Firmenrechtsschutzversicherung gegen das Prozesskostenrisiko im Falle eines Streites mit einem Mitarbeiter vor dem Arbeitsgericht absichern.

Zu allen Fachfragen rund um die Rechtsschutzversicherung ist die Fachabteilung Sach der SDV AG gerne für Sie erreichbar:
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