Gesetzlich Krankenversicherte müssen selbst bei einer Sehschwäche ohne eine private Brillenzusatzversicherung die Kosten für eine Brille in den meisten Fällen komplett allein tragen. Muss eine Brille wegen einer Beschädigung ersetzt werden, kann unter Umständen jedoch ein anderer zur Kostenübernahme verpflichtet sein.
Krankenkasse zahlt nur in Ausnahmefällen
Ist man aufgrund einer Fehlsichtigkeit auf eine Brille angewiesen, kann diese je nach Ausführung mehrere Hundert oder auch weit über eintausend Euro kosten. Die Krankenkassen als Träger der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bezuschussen Sehhilfen in Form eines sogenannten Festbetrages gemäß § 33 SGB V (Fünftes Sozialgesetzbuch) allerdings nur in wenigen Fällen.
Erwachsene haben nur ein Anrecht auf einen Festbetrag, wenn
- die Sehkraft trotz Sehhilfe auf dem besseren Auge maximal 30 Prozent beträgt,
- eine Kurz- oder Weitsichtigkeit vorliegt, die nur mit einer Brillenstärke von mehr als 6,0 Dioptrien ausgeglichen werden kann,
- aufgrund einer Hornhautverkrümmung eine Sehschwäche mit mehr als 4,0 Dioptrien vorliegt oder
- eine Sehhilfe zur Behandlung einer Augenverletzung oder Augenerkrankung notwendig ist.
Ein Festbetrag wird normalerweise für Brillengläser und Kontaktlinsen, nicht jedoch für das Brillengestell gewährt. In der Regel wird durch den Festbetrag nur ein Teil der Kosten für die Brillengläser abgedeckt. Keinen Festkostenzuschuss gibt es zudem für Gleitsichtgläser sowie für Kunststoff- oder sonstige hochwertige Brillengläser, die nicht zwingend medizinisch notwendig sind, sondern nur aus ästhetischen Gründen gewünscht werden.
Bei einem Brillenschaden zu Hause oder während der Arbeit
Wurde die eigene Brille beschädigt, kommt es auf den Einzelfall an, ob man selbst für eine Ersatzbrille aufkommen muss oder ein anderer die Kosten zu tragen hat. Kommt es zu Hause zu einem Brillenschaden aufgrund eines in der bestehenden Hausratversicherung versicherten Risikos – verbrennt die Brille beispielsweise bei einem Zimmerbrand oder wird sie bei einem Einbruchdiebstahl gestohlen –, leistet der Hausratversicherer Schadenersatz.
Wird eine getragene Brille bei einem Arbeits- oder Schulunfall beschädigt oder während man Erste Hilfe leistet, ersetzt den Schaden unter Umständen die gesetzliche Unfallversicherung. Das gilt auch dann, wenn der Unfall nicht zu einer körperlichen Verletzung geführt hat. In der Regel ist jedoch die Kostenübernahme durch die gesetzliche Unfallversicherung „beschränkt auf einen gleichwertigen Ersatz der beschädigten Gläser und die Kosten für das Brillengestell bis zur Höhe von 300 Euro“, wie aus Ausführungen der Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM) und der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e.V. (DGUV) hervorgeht.
Für eine Erstattung nach einen Arbeits- oder Schulunfall muss der Arbeitgeber oder die Schule eine Unfallanzeige ausfüllen und sie an den zuständigen Unfallversicherungsträger senden. Bei einem Brillenschaden im Rahmen einer geleisteten Ersten Hilfe ist die entsprechende regionale Unfallkasse der Ansprechpartner. Keinen Schadenersatz erhält man in der Regel jedoch von der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn man die Brille zum Unfallzeitpunkt nicht aufhatte, sondern diese beispielsweise auf einem Tisch lag und durch das Unfallereignis zerbrochen ist.
Wann ein anderer für die Beschädigung aufkommen muss
Wurde der Schaden durch einen anderen verursacht, beispielsweise weil er den Brillenträger versehentlich angerempelt hat und dabei die Brille zu Boden fiel, muss der Schadenverursacher dafür aufkommen.
Ist der Schädiger über eine Privathaftpflichtversicherung abgesichert und wurde der Schaden nicht vorsätzlich herbeigeführt, übernimmt die Police den Schadenersatz. Wurde die Brille bei einem Verkehrsunfall beschädigt und war der Unfallverursacher mit einem Kraftfahrzeug unterwegs, muss die Kfz-Haftpflichtversicherung des Schädigers für den Schaden aufkommen.
Hat ein Brillenträger den Schaden selbst grob fahrlässig mit verursacht, steht ihm unter Umständen kein Schadenersatz von einem anderen oder dessen Privat- oder Kfz-Haftpflichtversicherung zu. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn der Brillenträger seine Brille auf dem Sofa oder einem Stuhl und nicht auf einem Tisch abgelegt hat und ein Besucher sich versehentlich daraufsetzt.
Zeit- oder Neuwert?
Inwieweit die kompletten Kosten für eine gleichwertige neue Brille vom Schädiger, von seiner Privathaftpflichtpolice oder Kfz-Haftpflichtversicherung übernommen werden, hängt vom Einzelfall ab. Normalerweise hat ein Geschädigter nur einen Anspruch auf einen Zeitwert. Dieser entspricht dem Neupreis einer gleichwertigen Brille abzüglich eines Betrages, der sich nach dem Alter, den Gebrauchsspuren und der üblichen Nutzungsdauer orientiert (Abzug neu für alt).
Mit dieser Regelung soll verhindert werden, dass der Geschädigte durch den Schadenersatz wirtschaftlich bessergestellt wird als vor dem Schaden. Allerdings ist ein solcher Abzug bei Brillen nicht immer gerechtfertigt, wie diverse Gerichtsurteile belegen.
Ein Anspruch auf den Neuwert kann laut Landgericht Osnabrück (Aktenzeichen 9 S 161/19) und Landgericht Münster (Aktenzeichen 01 S 8/09) bestehen, wenn keine Gebrauchsspuren und auch keine Sehstärkenveränderung vorgelegen haben, die den Gebrauchswert der bisherigen Brille für den Geschädigten erheblich herabgesetzt hätten, und nach der Beschädigung aus medizinischen oder sonstigen Gründen ein umgehender Ersatz notwendig ist.
Übrigens: Mit einer privaten Brillenversicherung, die häufig auch in einer ambulanten Krankenzusatzversicherung inkludiert sein kann, hat der Versicherte je nach Vereinbarung alle zwei bis drei Jahre Anspruch auf eine teils anteilige Kostenerstattung für eine neue Brille bis zu einem in der Police festgelegten Maximalbetrag – und zwar auch ohne eine vorliegende Beschädigung der bisherigen Sehhilfe.
Zu allen Fachfragen rund um die Krankenversicherung ist die Fachabteilung KV der SDV AG gerne für Sie erreichbar:
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