Wie von Experten erwartet, verlangt ein Großteil der gesetzlichen Krankenkassen seit dem 1. Januar 2023 höhere Krankenversicherungsbeiträge im Vergleich zum Vorjahr. Zwischen der günstigsten und der teuersten Krankenkasse beträgt der Beitragsunterschied für einen Arbeitnehmer bis zu 500 Euro im Jahr. Dies kann für viele ein Grund sein, die Krankenkasse zu wechseln.
74,3 Millionen Einwohner sind gesetzlich krankenversichert
Rund 74,3 Millionen Personen und damit über 88 Prozent der Bevölkerung Deutschlands sind aktuell bei einer der aktuell 96 Krankenkassen, den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), versichert. Davon zahlen etwa 58,3 Millionen Personen als Mitglieder einer Krankenkasse entsprechende Krankenversicherungsbeiträge und 16,0 Millionen Einwohner sind im Rahmen der Familienversicherung kostenlos mitversichert.
Insgesamt gibt es 35 bundesweite Krankenkassen. Hier können Personen unabhängig von ihrem Wohn- und Beschäftigungsort in Deutschland Mitglied der Krankenkasse werden. 38 Krankenkassen sind regional tätig. Eine Mitgliedschaft in einer solchen Kasse ist meist nur möglich, wenn man in einem von der Kasse vorgegebenen Bundesland wohnt oder arbeitet. Weitere 22 Krankenkassen sind betriebsbezogen. Sie versichern nur Mitarbeiter eines bestimmten Unternehmens und eventuell deren Familienangehörige.
Zudem gibt es noch eine branchenspezifische Krankenkasse, die Landwirtschaftliche Krankenkasse (LKK). Versichern können sich hier in der Regel Selbstständige und mitarbeitende Familienangehörige in der Land- und Forstwirtschaft, des Garten- und Weinbaus, des Obst- und Gemüsebaus, der Fischerei und Fischzucht, der Teichwirtschaft und der Imkerei. Die LKK berechnet die Krankenversicherungsbeiträge nach einer Beitragsstaffelung je Betriebsgröße.
Zwei Drittel der Krankenkassen verlangen mehr
Bei allen anderen Krankenkassen hängt die Beitragshöhe für einen Arbeitnehmer vom Bruttogehalt, maximal jedoch von der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze der GKV, die seit 2023 4.987,50 Euro beträgt, dem allgemeinen Beitragssatz sowie dem kassenindividuellen Zusatzbeitragssatz ab. Arbeitnehmer und Arbeitgeber tragen die Krankenversicherungsbeiträge je zur Hälfte.
Der allgemeine Beitragssatz ist bei allen Krankenkassen gleich hoch und beträgt seit 2015 14,6 Prozent. Die Höhe des Zusatzbeitragssatzes kann jede Krankenkasse je nach ihrer finanziellen Lage selbst festsetzen. Dementsprechend gibt es zum Teil erhebliche Beitragsunterschiede zwischen den Krankenkassen.
Zum Jahresanfang haben 65 Kassen und damit mehr als zwei Drittel (knapp 68 Prozent) aller Krankenkassen den Zusatzbeitragssatz angehoben. Die größte Beitragserhöhung, nämlich um 0,9 Prozentpunkte, gab es für die Mitglieder der betriebsbezogenen BKK EVM. Im letzten Jahr verlangte die Kasse noch keinen Zusatzbeitragssatz, seit 2023 sind es nun 0,9 Prozent.
Bei vier Krankenkassen (4 Prozent) können sich die Mitglieder über niedrigere Beiträge freuen. Sie senkten ihren Zusatzbeitragssatz um 0,14 bis 0,5 Prozentpunkte. Konkret sind dies die in elf Bundesländern tätige SKD BKK mit nun 1,15 Prozent (2022: 1,29 Prozent), die betriebsbezogene BKK Rieker Ricosta Weisser mit 2,00 Prozent (2022: 2,2 Prozent), die in Bayern, Hessen und Niedersachsen wählbare BKK Herkules mit 1,09 Prozent (2022: 1,4 Prozent) und die betriebliche BKK Groz-Beckert mit 0,4 Prozent (2022: 0,9 Prozent). Keine Änderung gab es bei den übrigen 27 Kassen (rund 28 Prozent).
Bis zu 612 Euro Beitragsunterschied bei 3.000 Euro Monatsgehalt
Seit dem Jahreswechsel verlangt die günstigste Krankenkasse, die BMW BKK, einen Zusatzbeitragssatz von 0,3 Prozent. Bei der teuersten, nämlich der BKK Rieker Ricosta Weisser, sind es dagegen 2,0 Prozent. Bei beiden handelt es sich um betriebsbezogene Kassen.
Insgesamt wird für einen Arbeitnehmer bei der günstigsten Kasse 14,9 Prozent und bei der teuersten 16,6 Prozent vom Bruttogehalt als Beitrag verlangt – jeweils die Hälfte hat der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer zu tragen. Der Beitragsunterschied liegt hier bei einem Arbeitnehmer mit einem Arbeitsverdienst von monatlich 3.000 Euro brutto bei 612 Euro im Jahr – das sind für den Arbeitnehmer und den Arbeitgeber jeweils 306 Euro mehr. Bei Gutverdienern, deren Einkommen über der GKV-Beitragsbemessungsgrenze liegt, wären es sogar im Jahr über 1.017 Euro mehr – Beitragsunterschied je Arbeitnehmer und Arbeitgeber knapp 509 Euro.
Betrachtet man die bundesweiten Krankenkassen, verlangen die BKK Firmus und die BKK Gildemeister Seidensticker mit 0,9 Prozent den geringsten und die BKK Verkehrsbau Union (BKK VBU) mit 1,8 Prozent den teuersten Zusatzbeitragssatz. Ein Arbeitnehmer mit einem monatlichen Bruttogehalt von 3.000 Euro spart sich bei einer der zwei preiswertesten Kassen im Vergleich zur teuersten im Jahr 162 Euro (Sparanteil von Arbeitnehmer und Arbeitgeber zusammen: 324 Euro).
Wer ein Arbeitseinkommen über der GKV-Beitragsbemessungsgrenze hat, muss bei der teuersten bundesweiten Kasse über 269 Euro im Jahr mehr bezahlen als bei den beiden günstigsten – rechnet man den Anteil von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammen, beträgt der Beitragsunterschied 539 Euro.
So ist ein Krankenkassenwechsel möglich
Erhöht eine Krankenkasse den Zusatzbeitragssatz, haben deren Mitglieder ein Sonderkündigungsrecht, das bis Ende des Monats, an dem der Zusatzbeitrag erstmals erhöht wird, besteht. Die Mitgliedschaft wird ab Kündigungseinreichung zum Ablauf des übernächsten Kalendermonats beendet.
Beim Sonderkündigungsrecht spielt es keine Rolle, wie lange das Mitglied bei der bisherigen Kasse versichert war. Im Gegensatz dazu muss bei einer ordentlichen Kündigung – für die übrigens ebenfalls eine zweimonatige Kündigungsfrist zum Monatsende gilt – eine zwölfmonatige Bindefrist bei der bisherigen Kasse eingehalten werden.
Bei der Sonderkündigung und auch bei einer ordentlichen Kündigung genügt es, wenn das Krankenkassenmitglied bei der neu gewählten Kasse einen Aufnahmeantrag stellt und den Arbeitgeber über den Wechsel formlos informiert.
Hat beispielsweise eine Kasse zum 1. Januar 2023 ihren Zusatzbeitragssatz erhöht, kann für einen Kassenwechsel der Aufnahmeantrag bei einer anderen Krankenkasse bis Ende Januar 2023 gestellt werden. In dem Fall endet die Mitgliedschaft bei der bisherigen Kasse am 31. März 2023 und man ist ab 1. April 2023 bei der neu gewählten Krankenkasse versichert.
Hinweis: Wer als freiwillig gesetzlich Krankenversicherter einen Wahltarif zum Krankengeld bei der bisherigen Krankenkasse hat, kann frühestens nach einer in der Regel dreijährige Bindungsfrist kündigen und die Kasse wechseln – das gilt auch beim Sonderkündigungsrecht.
Mitglieder werden nicht persönlich über Erhöhung informiert
Wichtig: Zwar müssten die Krankenkassen gemäß § 175 Absatz 4 SGB V (Fünftes Sozialgesetzbuch) ihre Mitglieder über eine Anhebung des Zusatzbeitragssatzes mit einem gesonderten Schreiben mindestens einen Monat vor Inkrafttreten der Erhöhung informieren, allerdings gibt es aktuell eine Ausnahmeregelung: Für Erhöhungen, die vom 1. Januar bis 30. Juni 2023 in Kraft treten, reicht es, wenn die Krankenkasse einen Monat vorher den neuen Zusatzbeitragssatz im eigenen Webauftritt oder über eine Mitgliederzeitung bekannt gibt.
Übrigens: Alle gesetzlichen Krankenkassen müssen den gleichen Mindestschutz anbieten, wie er unter anderem im GKV-Leistungskatalog festgelegt ist. Jede Krankenkasse kann ihren Versicherten jedoch zusätzliche Leistungen und Bonusprogramme beispielsweise per Satzung einräumen. Manche Kassen zahlen beispielsweise Zuschüsse für eine professionelle Zahnreinigung sowie eine osteopathische oder homöopathische Behandlung, obwohl diese nicht im gesetzlichen Leistungsumfang der GKV enthalten sind.
Doch auch beim Service gibt es Unterschiede: Einige Kassen bieten ein rund um die Uhr besetztes Servicetelefon, Onlinekurse zur Gesundheitsprävention oder auch telemedizinische Angebote wie einen Onlinecheck durch einen Hautarzt. Im Internet findet man entsprechende Vergleichsrechner. Im Webportal des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) ist eine Übersicht über alle Krankenkassen mit ihren aktuellen Zusatzbeitragssätzen abrufbar.
Zu allen Fachfragen rund um die Krankenversicherung ist die Fachabteilung KV der SDV AG gerne für Sie erreichbar:
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