Arbeitnehmer, die unfall- oder krankheitsbedingt nicht oder nur noch eingeschränkt erwerbstätig sein können, haben nur einen Anspruch auf eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Zudem ersetzt diese Rente bei Weitem nicht das bisherige Einkommen.
Hohe rechtliche Voraussetzungen
Seit 2018 haben jedes Jahr zwischen 340.000 und knapp 370.000 Personen hierzulande einen Neuantrag auf eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente gestellt. Etwas weniger als die Hälfte hat jeweils tatsächlich eine entsprechende Rente neu zugesprochen bekommen. Dies liegt insbesondere daran, dass die versicherungsrechtlichen und medizinischen Voraussetzungen, um einen Anspruch auf eine solche Rente zu erhalten, hoch sind.
Eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente erhält beispielsweise nur, wer wegen eines körperlichen oder psychischen Leidens auf unabsehbare Zeit weniger als sechs Stunden am Tag irgendeiner Erwerbstätigkeit nachgehen kann. Es spielt dabei keine Rolle, welchen Beruf der Betroffene erlernt oder bisher ausgeübt hat.
Die Erwerbsminderungsrente gibt es in drei unterschiedlichen Arten: Wer aufgrund seines Gebrechens pro Tag weniger als drei Stunden erwerbstätig sein kann, hat, sofern die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind, Anspruch auf eine volle Erwerbsminderungsrente. Kann man aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen täglich mindestens drei, aber weniger als sechs Stunden arbeiten, erhält man gegebenenfalls eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Zudem gibt es für Personen, die im Bergbau gearbeitet haben, eine spezielle Erwerbsminderungsrente für Bergleute.
Grundsätzlich Anspruch auf eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente hat jedoch nur, wer vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine fünfjährige Wartezeit (Mindestversicherungszeit) in der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt hat. Zusätzlich muss der Betroffene in den letzten fünf Jahren vor der Erwerbsminderung mindestens für drei Jahre Pflichtversicherungsbeiträge in die gesetzliche Rentenversicherung beispielsweise als gesetzlich rentenversicherter Arbeitnehmer entrichtet haben. Nur in wenigen Ausnahmefällen wird von diesen Voraussetzungen abgewichen.
Volle Erwerbsminderungsrente im Schnitt bei unter 890 Euro
Letztes Jahr haben nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung (DRV) mehr als 1,82 Millionen Personen hierzulande eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente erhalten – davon über 1,72 Millionen Betroffene eine volle Erwerbsminderungsrente, knapp 92.000 Personen eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung sowie rund 7.000 Menschen eine Erwerbsminderungsrente für Bergleute.
Im Schnitt beträgt die Höhe einer vollen Erwerbsminderungsrente aufgrund der Berechnungsformel weniger als die Hälfte des bisherigen Einkommens. Die Höhe der Rente wegen einer teilweisen Erwerbsminderung liegt sogar unter einem Viertel des durchschnittlichen Verdienstes bis zum Eintritt der Erwerbsminderung.
Wie niedrig die Rentenhöhe im Schnitt ist, zeigt eine DRV-Statistik zum Stichtag 31.12.2020: Im Durchschnitt erhielt ein Bezieher einer vollen Erwerbsminderungsrente letztes Jahr 886 Euro pro Monat ausbezahlt. Die überwiesene Rente wegen einer teilweisen Erwerbsminderung lag im Schnitt monatlich bei etwa 570 Euro je Rentner.
Der genannte Zahlbetrag entspricht der Rentenhöhe abzüglich der von Rentenbeziehern normalerweise zu zahlenden Beiträge für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung, aber ohne Berücksichtigung einer eventuell noch zu entrichtenden Einkommensteuer.
So berechnet sich die Höhe der Erwerbsminderungsrente
Die Höhe der vollen Erwerbsminderungsrente hängt von der Altersrente ab, die man voraussichtlich erhalten hätte, wenn man mit dem bisherigen Einkommensniveau im Vergleich zum Durchschnittsentgelt aller gesetzlich Rentenversicherten bis zu einem bestimmten gesetzlich festgelegten Lebensalter weitergearbeitet hätte. Die Zeit zwischen dem Beginn der Erwerbsminderungsrente und diesem vorgegebenen Lebensalter wird als Zurechnungszeit bezeichnet.
In den letzten Jahren wurde dieses gesetzlich festgelegte Lebensalter immer wieder erhöht. Unter anderem wurde die Zurechnungszeit bei Beginn der Erwerbsminderungsrente ab dem 1. Januar 2019 bis zum 65. Lebensjahr und acht Monaten gewährt. Seit 1. Januar 2020 erhöht sich die Zurechnungszeit schrittweise bis Ende 2030 auf das 67. Lebensjahr, je nach Geburtsdatum des Betroffenen jedoch höchstens bis zur Regelaltersgrenze. Bei Rentenbeginn 2021 wird die Zurechnungszeit für alle, die nach 1957 geboren sind, beispielsweise bis zum Alter von 65 Lebensjahren und zehn Monaten gewährt, bei Rentenbeginn 2022 ist es das 65. Lebensjahr und elf Monate.
Zusätzlich wird ein Rentenabschlag abgezogen, nämlich für jeden Monat, an dem man vor einem bestimmten gesetzlich vorgegebenen Referenzalter eine Erwerbsminderungsrente in Anspruch nimmt, um 0,3 Prozent – insgesamt jedoch höchstens 10,8 Prozent. Dieses Referenzalter erhöht sich seit 2019 bis 2024 schrittweise vom 64. Lebensjahr und zwei Monaten auf das 65. Lebensjahr. Bei Beginn der Erwerbsminderungsrente in 2021 beträgt das Referenzalter für die Berechnung des Rentenabschlages 64 Jahre und sechs Monate, bei Rentenbeginn 2022 sind es 64 Jahre und acht Monate.
Je nachdem, wie alt man bei Beginn der Erwerbsminderungsrente ist, entspricht die Höhe einer vollen Erwerbsminderungsrente maximal der Höhe einer voraussichtlichen Altersrente entsprechend dem bisherigen Einkommensniveau bis zum Eintritt der Erwerbsminderung, abzüglich des möglichen Rentenabschlages von bis zu 10,8 Prozent.
Weniger als die Hälfte des bisherigen Einkommens
Da die Höhe der gesetzlichen Altersrente selbst eines Eck- oder Standardrentners, der 45 Jahre lang in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hat, laut DRV aktuell bei nur 49,4 Prozent seines bisherigen Nettoeinkommens liegt, beträgt die Erwerbsminderungsrente weit weniger als die Hälfte des bisherigen Verdienstes. Die Höhe der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ist nur halb so hoch wie die der vollen Erwerbsminderungsrente und entspricht damit in der Regel weniger als ein Viertel des bisherigen Erwerbseinkommens.
Einige Personengruppen wie viele Selbstständige oder auch Hausfrauen und -männer erfüllen die versicherungsrechtlichen Vorgaben nicht und haben somit gar keinen Anspruch auf eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente, selbst wenn sie erwerbsgemindert sind. Diese Fakten belegen, wie wichtig es bereits für Berufsanfänger ist, entsprechend vorzusorgen, um im Falle einer Erwerbsminderung nicht auch noch finanzielle Schwierigkeiten zu bekommen.
Mehr Informationen rund um die gesetzlichen Vorgaben und Berechnungsgrundlagen der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente enthalten die kostenlos herunterladbaren Broschüren „Erwerbsminderungsrente: Das Netz für alle Fälle“ des DRV und „Erwerbsminderungsrente“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.
Zu allen Fachfragen rund um die Einkommensabsicherung ist die Fachabteilung LV der SDV AG gerne für Sie erreichbar:
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