Nicht nur Gutverdiener, auch Arbeitnehmer mit einem niedrigen oder durchschnittlichen Arbeitsentgelt müssen bei einer längeren krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit trotz Krankengeldanspruch mit empfindlichen Einkommenseinbußen rechnen, wie drei Beispielrechnungen belegen.
Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber für sechs Wochen
Ist ein Arbeitnehmer nicht länger als sechs Wochen beziehungsweise 42 Kalendertage aufgrund einer unverschuldeten Krankheit oder Verletzung arbeitsunfähig und deshalb krankgeschrieben, hat er gemäß § 3 EntgFG (Entgeltfortzahlungsgesetz) Anspruch auf eine Entgeltfortzahlung, sofern das Arbeitsverhältnis bis zum ersten Krankheitstag mindestens vier Wochen ununterbrochen bestanden hat.
Der Arbeitgeber muss konkret bei einer Arbeitsunfähigkeit von bis zu sechs Wochen wegen des gleichen Leidens das Arbeitsentgelt wie Monats- oder Stundenlohn bezahlen, das in dieser Zeit angefallen wäre, wenn keine Krankschreibung des Arbeitnehmers vorliegen würde. Zur Entgeltfortzahlung zählen auch Zuschläge und Vergütungen wie Akkordlohn, Sonn-, Feiertags-, Nacht- und Gefahrenzulagen, die normalweise angefallen wären.
Nicht berücksichtigt werden gemäß § 4 EntgFG jedoch Schmutzzulagen, Fahrkostenzuschüsse und sonstige Zulagen, sofern diese sich an den tatsächlichen Aufwendungen des Arbeitnehmers orientieren, sowie Vergütungen für nicht regelmäßig geleistete Überstunden.
Wird der Arbeitnehmer infolge derselben Krankheit mehrmals hintereinander arbeitsunfähig, verliert er laut § 3 EntgFG wegen der erneuten Arbeitsunfähigkeit den Anspruch auf eine Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber „für einen weiteren Zeitraum von höchstens sechs Wochen nicht, wenn er vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate nicht infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig war oder seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist“.
Das nachfolgende Krankengeld ist auf 72 Wochen begrenzt …
Dauert eine Krankschreibung wegen desselben Leidens innerhalb von zwölf Monaten länger als sechs Wochen – egal ob am Stück oder mit kurzfristigen Unterbrechungen von unter sechs Monaten – und endet somit der Anspruch auf eine sechswöchige Entgeltfortzahlung, erhält ein Arbeitnehmer, sofern er in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) mit dem allgemeinen GKV-Beitragssatz versichert ist, ein Krankengeld von der Krankenkasse, bei der er Mitglied ist.
Die Anspruchsvoraussetzungen, der Leistungsumfang und die Leistungsdauer des Krankengeldes sind in den §§ 44 bis 51 SGB V (Fünftes Sozialgesetzbuch) geregelt. Unter anderem gilt der Krankengeldanspruch wegen derselben Krankheit laut § 48 SGB V längstens für „78 Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an“.
Da die sechswöchige Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber in diesen 78 Wochen enthalten ist, erhält ein Arbeitnehmer, der binnen drei Jahren aufgrund derselben Krankheit mehrmals oder am Stück langfristig arbeitsunfähig ist, maximal für 72 Wochen ein Krankengeld ausbezahlt.
… und ersetzt nur zum Teil das bisherige Gehalt
Anders als die Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber entspricht die Höhe des Krankengeldes nicht dem Arbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer ohne Eintreten der Krankheit erhalten hätte. Gemäß § 47 SGB V beträgt das Krankengeld 70 Prozent des regelmäßigen Bruttoarbeitseinkommens, maximal jedoch 90 Prozent des Nettoarbeitsentgelts.
Liegt das bisherige regelmäßige Bruttoarbeitsentgelt über der aktuellen Beitragsbemessungsgrenze (BBG) der GKV, die aktuell 5.175 Euro im Monat beträgt, wird zur Krankengeldberechnung höchstens die BBG berücksichtigt. Damit beträgt das Krankengeld seit 2024 maximal 120,75 Euro pro Tag – das entspricht 70 Prozent von 5.175 Euro im Monat, geteilt durch 30 Tage.
Von dem so berechneten Krankengeld sind noch die Beiträge für die gesetzliche Renten-, Pflege-, und Arbeitslosenversicherung zu entrichten. Das sind, je nachdem wie viele Kinder der Arbeitnehmer hat, zwischen rund 11,3 Prozent und 12,9 Prozent weniger, und damit ein Nettokrankengeld pro Tag von etwa 105 bis 107 Euro netto.
Ab 22 Prozent Einkommenseinbußen bei Vollzeittätigen
Folgende drei Beispielrechnungen belegen, dass nicht nur Gutverdiener, sondern auch Arbeitnehmer mit einem durchschnittlichen oder einem niedrigen Arbeitslohn deutliche Einkommenseinbußen trotz Krankengeld hinnehmen müssen.
Beispiel 1: Ein 30-jähriger unverheirateter Gutverdiener ohne Kinder hat ein Bruttoeinkommen von 8.000 Euro monatlich, das sind rund 4.694 Euro netto. Sein monatliches Krankengeld nach der sechswöchigen Entgeltfortzahlung durch den Arbeitnehmer beläuft sich auf knapp 3.623 Euro brutto beziehungsweise rund 3.152 Euro netto. Die Einkommenslücke beträgt netto somit knapp 33 Prozent – dem Arbeitnehmer fehlen im Monat 1.542 Euro gegenüber seinem bisherigen Nettogehalt.
Beispiel 2: Ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer hatte im April 2023 – neuere Daten liegen noch nicht vor – laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) einen durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst ohne Sonderzulagen von 4.323 Euro. Bei einem 30-jährigen ledigen, kinderlosen Arbeitnehmer wäre das aktuell ein Nettogehalt von rund 2.774 Euro. Dieser Durchschnittsverdiener hätte damit einen Krankengeldanspruch von brutto rund 2.497 Euro, was in etwa einem Auszahlungsbetrag von 2.169 Euro netto entspricht. Der Arbeitnehmer müsste somit bei einer längeren Krankheit mit einem fast 22 Prozent geringeren Nettoeinkommen auskommen. Das ist im Vergleich zu seinem normalen Arbeitsverdienst ein Minus von circa 605 Euro.
Beispiel 3: Ein ebenfalls 30-jähriger lediger Arbeitnehmer ohne Kinder mit einem Mindestlohn von aktuell 12,41 Euro je Arbeitsstunde erhält, wenn er Vollzeit 40 Arbeitsstunden pro Woche arbeitet, ein monatliches Bruttoentgelt von rund 2.151 Euro – das sind netto etwa 1.562 Euro. Sein Krankengeldanspruch beläuft sich brutto auf fast 1.406 Euro beziehungsweise netto auf fast 1.223 Euro. Auch hier beträgt die Einkommenslücke gegenüber dem bisherigen Nettoeinkommen fast 22 Prozent. Der Arbeitnehmer hätte im Krankheitsfall 339 Euro weniger für seinen Lebensunterhalt zur Verfügung.
Einkommensabsicherung für den Krankheitsfall
Einkommenseinbußen von 22 Prozent oder noch mehr, wie dies bei Vollzeitbeschäftigten aufgrund einer längeren Arbeitsunfähigkeit der Fall sein kann, können für die Betroffenen zum finanziellen Problem werden. Schutz vor diesem Problem bietet eine private Krankentagegeldversicherung, die im Leistungsfall in der Regel steuer- und sozialabgabenfrei ausbezahlt wird. Je nach Vertragsvereinbarung wird das Krankentagegeld zeitlich unbefristet für die Dauer der vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit bezahlt, das heißt, entweder bis man wieder arbeitsfähig ist oder als dauerhaft berufs- oder erwerbsunfähig gilt.
Besonders wichtig ist diese Absicherung für alle Erwerbstätigen, die gar keinen Krankengeldanspruch haben. Darunter fallen unter anderem die meisten Selbstständigen, aber auch Arbeitnehmer, die entweder mit dem ermäßigten GKV-Beitragssatz freiwillig GKV-versichert oder komplett privat krankenversichert sind.
Zu allen Fachfragen rund um die Krankenversicherung ist die Fachabteilung KV der SDV AG gerne für Sie erreichbar:
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