Der kassenindividuelle Zusatzbeitragssatz wurde zum 1. Januar 2022 bei 19 gesetzlichen Krankenkassen erhöht und bei neun gesenkt. Zudem gibt es seit dem Jahreswechsel nur noch 97 Krankenkassen und nicht mehr 103 Kassen wie Anfang 2021. Neben dem regulären Kündigungsrecht haben Krankenkassenmitglieder, die von einer Anhebung des Zusatzbeitragssatzes betroffen sind, ein spezielles Sonderkündigungsrecht, um zu einer anderen Kasse zu wechseln.
Es gibt immer weniger Krankenkassen
Rund 73 Millionen Einwohner und damit etwa 90 Prozent der Bevölkerung in Deutschland sind gesetzlich krankenversichert. Träger der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind die gesetzlichen Krankenkassen, alles Körperschaften des öffentlichen Rechts. Schon seit Jahren reduziert sich die Anzahl der Krankenkassen. 1970 gab es noch 1.815, 1995 waren es 960, im Jahr 2010 169 und in 2021 103 Krankenkassen. Seit 1. Januar 2022 ist aufgrund von weiteren Fusionen die Anzahl auf 97 Krankenkassen weiter gesunken.
Von den 97 Krankenkassen sind 36 bundesweite, also überregionale Kassen. Personen können hier unabhängig vom Wohn- und Beschäftigungsort in Deutschland, Mitglied der Krankenkasse werden, um dort gesetzlich krankenversichert zu sein. Weitere 37 Krankenkassen sind auf bestimmte Bundesländer begrenzt. Eine Mitgliedschaft in einer solchen regionalen Kasse ist in der Regel nur möglich, wenn man in einem von der Kasse vorgegebenen Bundesland wohnt oder arbeitet.
Zudem gibt es 23 betriebsbezogene Krankenkassen. Hier können meist nur die Mitarbeiter eines bestimmten Unternehmens und unter gewissen Voraussetzungen auch deren Familienangehörige Krankenkassenmitglied werden.
Eine weitere Krankenkasse, die Landwirtschaftliche Krankenkasse (LKK), ist branchenbezogen. Dort können sich hauptsächlich nur landwirtschaftliche Unternehmer, dazu zählen Landwirte, Selbstständige in der Forstwirtschaft sowie im Gartenbau und deren (mitarbeitende) Familienangehörige, versichern. Bei der LKK berechnen sich die Versicherungsbeiträge unter anderem nach einer Beitragsstaffelung je Betriebsgröße und nicht nach Beitragssätzen und Einkommenshöhe wie bei den anderen Kassen.
Wie sich der Krankenkassenbeitrag berechnet
Finanziert werden die Krankenkassen unter anderem durch die Krankenversicherungsbeiträge, die beispielsweise die Krankenkassenmitglieder und deren Arbeitgeber jeweils zu gleichen Teilen zahlen müssen.
Der Versicherungsbeitrag für einen Arbeitnehmer errechnet sich bei allen Kassen – mit Ausnahme der LKK – aus dem Bruttogehalt des Arbeitnehmers (höchsten bis zur monatlichen Beitragsbemessungsgrenze der GKV von derzeit 4.837,50 Euro), dem allgemeinen Beitragssatz der GKV, der seit 2015 bei 14,6 Prozent liegt, sowie dem kassenindividuellen Zusatzbeitragssatz, dessen Höhe jede Krankenkasse entsprechend ihrer Finanzlage festsetzen kann. Jeweils die Hälfte des so berechneten Krankenversicherungsbeitrages muss der Arbeitnehmer und sein Arbeitgeber tragen.
Anders als der allgemeine Beitragssatz ist der kassenindividuelle Zusatzbeitragssatz nicht bei jeder Krankenkasse gleich hoch, daher unterscheiden sich auch die zu zahlenden Versicherungsbeiträge je nach Krankenkasse.
Deutliche Beitragsunterschiede je Krankenkasse
Die seit Jahreswechsel teuerste Krankenkasse, nämlich die bundesweit auswählbare BKK24, verlangt einen Zusatzbeitragssatz von 2,5 Prozent. Bei der günstigsten Kasse, hier handelt es sich um die betriebsbezogene BMW BKK, sind es dagegen nur 0,3 Prozent.
Von allen Krankenkassen verlangt damit die günstigste, nämlich die BMW BKK einen Gesamtbeitragssatz von insgesamt 14,9 Prozent (7,45 Prozent je Arbeitnehmer und Arbeitgeber); bei der teuersten, der BKK24, sind es 17,1 Prozent (8,55 Prozent je Arbeitnehmer und Arbeitgeber). Somit muss bei der teuersten Kasse ein Arbeitnehmer mit einem Bruttogehalt von 3.000 Euro im Vergleich zur günstigsten Kasse 33 Euro mehr im Monat für die gesetzliche Krankenversicherung bezahlen. Entsprechendes gilt für den Arbeitgeber.
Bei allen überregionalen Krankenkassen ist die Spanne zwischen der teuersten und billigsten Kasse nicht ganz so hoch. Die günstigste Kasse ist hier die Handelskrankenkasse (HKK) mit einem Zusatzbeitragssatz von 0,69 Prozent und damit einem Gesamtbeitragssatz von 15,29 Prozent, die teuerste Kasse ist die bereits genannte BKK24 mit einem Gesamtbeitragssatz von 17,1 Prozent. Eine Auflistung aller Krankenkassen mit ihren jeweiligen Zusatzbeitragssätzen kann im Webauftritt des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) online abgerufen oder als Liste im PDF-Format heruntergeladen werden.
19 Krankenkassen sind seit Jahresanfang teurer …
Von den 97 Krankenkassen, die es seit 2022 noch gibt, haben 19 Kassen ihren Zusatzbeitragssatz zum Jahreswechsel gegenüber 2021 um bis zu 0,9 Prozentpunkte erhöht. Es reduzierten aber auch zehn Krankenkassen im Vergleich zum Vorjahr ab 2022 ihren jeweiligen Zusatzbeitragssatz um bis zu 0,5 Prozentpunkte.
Den größten Anstieg beim Zusatzbeitragssatz gab es bei zwei betriebsbezogenen Krankenkassen. So erhöhte die BKK Rieker Ricosta Weisser ihren Zusatzbeitragssatz zum Jahreswechsel um 0,9 Prozentpunkte auf 2,2 Prozent und die BKK Würth um 0,7 Prozentpunkte auf 0,9 Prozent.
Einen höheren Zusatzbeitragssatz verlangen seit der Jahreswende auch folgende bundesweiten Krankenkassen: Die TUI BKK erhöhte um 0,1 Prozentpunkte auf 1,35 Prozent und die HKK um 0,3 Prozentpunkte auf 0,69 Prozent.
… und neun Krankenkassen günstiger geworden
Von den insgesamt neun Krankenkassen, die zum Jahresanfang ihren Zusatzbeitragssatz reduzierten, wurden die Mitglieder der betriebsbezogenen BMW BKK am meisten entlastet. Hier wurde der Zusatzbeitragssatz um 0,5 Prozentpunkte auf 0,3 Prozent herabgesetzt – das ist zugleich auch der niedrigste Zusatzbeitragssatz aller 97 Krankenkassen.
Die zweithöchste Entlastung, nämlich um 0,4 Prozentpunkte auf 1,5 Prozent, gab es ebenfalls bei einer betriebsbezogenen Kasse, nämlich der BKK Technoform. Allerdings liegt hier der Zusatzbeitragssatz auch nach der Senkung deutlich über dem bundesweiten Kassendurchschnitt von 1,3 Prozent.
Unter anderem wurden die Zusatzbeitragssätze bei folgenden überregionalen Krankenkassen reduziert: Die BKK Gildemeister Seidensticker senkte ihren Zusatzbeitragssatz um 0,3 Prozentpunkte auf 0,9 Prozent, die Bertelsmann BKK um 0,25 Prozentpunkte auf 1,0 Prozent und die Energie-BKK um 0,08 Prozentpunkte auf 1,38 Prozent.
Die zehn günstigsten Krankenkassen
Unter den zehn günstigsten Krankenkassen finden sich aktuell nur zwei bundesweit wählbare Krankenkassen, nämlich auf Rang sechs die HKK mit einem Zusatzbeitragssatz von 0,69 Prozent und auf Rang acht die BKK Firmus mit 0,84 Prozent. Unter den TopTen sind zudem drei betriebsbezogene und fünf regional wählbare Krankenkassen.
Zu den günstigsten betriebsbezogenen Krankenkassen gehört die BMW BKK, die mit einem Zusatzbeitragssatz von 0,3 Prozent auch von allen Kassen die günstigste ist. Des Weiteren zählt dazu die BKK Voralb Heller Index Leuze (Zusatzbeitragssatz 0,5 Prozent) und die Krones BKK (Zusatzbeitragssatz 0,7 Prozent).
Die günstigsten regionalen Krankenkassen sind die BKK Euregio (Zusatzbeitragssatz 0,35 Prozent) für Hamburg und Nordrhein-Westfalen, die BKK Pfaff (Zusatzbeitragssatz 0,4 Prozent) für Rheinland-Pfalz, die BKK Faber-Castell & Partner (Zusatzbeitragssatz 0,65 Prozent) für Bayern, die AOK Sachsen-Anhalt (Zusatzbeitragssatz 0,8 Prozent) für Sachsen-Anhalt und die BKK DürkoppAdler (Zusatzbeitragssatz 0,88 Prozent) für Nordrhein-Westfalen.
Die zehn teuersten Krankenkassen
Bei den zehn Krankenkassen mit den höchsten Zusatzbeitragssätzen handelt es sich um fünf überregionale, zwei regionale und drei betriebsbezogene Kassen. Die fünf teuersten bundesweiten Kassen sind die BKK Verkehrsbau Union, die Knappschaft, die Viactiv Krankenkasse und die WMF Betriebskrankenkasse mit jeweils einem Zusatzbeitragssatz von 1,6 Prozent sowie die BKK24, die mit 2,5 Prozent den höchsten Zusatzbeitragssatz von allen Kassen hat.
Je 1,7 Prozent Zusatzbeitragssatz verlangen die kostspieligsten regionalen Kassen AOK Nordost (Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern) sowie die AOK NordWest (Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein).
Die drei teuersten betriebsbezogenen Krankenkassen sind die BKK MTU (1,6 Prozent), die BKK Rieker Ricosta Weisser (2,2 Prozent) und die BKK Stadt Augsburg (2,4 Prozent).
Sonderkündigungsrecht …
Tipp: Erhöht eine Krankenkasse ihren Zusatzbeitragssatz muss sie ihren Mitgliedern mit einem gesonderten Schreiben auf die Beitragserhöhung und ein damit verbundenes Sonderkündigungsrecht hinweisen. Hebt nämlich eine Krankenkasse den Zusatzbeitragssatz an, kann der Versicherte seine Mitgliedschaft mit einer zweimonatigen Kündigungsfrist kündigen – und zwar unabhängig davon, wie lange das Mitglied bei der Krankenkasse versichert war. Die Kündigung muss dafür zum Ablauf des Monats, für den die Kasse den Zusatzbeitrag erstmals erhöht, bei der Krankenkasse eingehen.
Gilt die Erhöhung zum 1. Januar 2022 oder wird erstmals im Januar 2022 aufgrund der Anhebung des Zusatzbeitragssatzes ein erhöhter Krankenversicherungsbeitrag verlangt, muss die Kündigung mit Hinweis auf das Sonderkündigungsrecht spätestens bis zum 31. Januar 2022 bei der Kasse eintreffen.
Wirksam wird die Kündigung dann zum Ablauf des übernächsten Kalendermonats – im genannte Beispiel zum 31. März 2022, aber nur, sofern der Versicherte bereits einen Mitgliedsantrag bei einer anderen Krankenkasse gestellt hat und der Versicherungsschutz nahtlos übergeht. Bis zum Wechsel in die andere Krankenkasse muss das Mitglied jedoch noch den von seiner gekündigten Kasse erhöhten Zusatzbeitrag zahlen.
… oder ordentliche Kündigung
Grundsätzlich hat jedes Krankenkassenmitglied aber auch ein ordentliches Kündigungsrecht, um zu einer anderen Krankenkasse zu wechseln. Insgesamt wurden zudem der Kassenwechsel bzw. der Kündigungsvorgang seit 2021 vereinfacht. Um einer Krankenkasse zu kündigen, reicht es, eine andere Krankenkasse auszuwählen und dort einen Aufnahmeantrag zu stellen. Man muss also selbst kein Kündigungsschreiben mehr an die bisherige Krankenkasse senden. Dies übernimmt die neu gewählte Krankenkasse. Allerdings muss man den eigenen Arbeitgeber zeitnah über den Kassenwechsel formlos informieren.
Bei einer ordentlichen Kündigung gilt eine zweimonatige Kündigungsfrist zum Monatsende, das heißt, eine Kündigung wird zum Ablauf des übernächsten Kalendermonats ab dem Monat, an dem man einen Aufnahmeantrag bei einer anderen Krankenkasse gestellt hat, wirksam. Wer beispielsweise einen Mitgliedsantrag am 20. Februar 2022 bei einer anderen Krankenkasse stellt, für den endet die Mitgliedschaft bei der bisherigen Krankenkasse am 30. April 2022.
Wichtig: Eine reguläre Kündigung ist nur möglich, wenn man wenigstens zwölf Monate bei der bisherigen Krankenkasse versichert war. Wer einen Wahltarif bei der Krankenkasse abgeschlossen hat, muss sich bei einer regulären Kündigung zudem an die dort vereinbarte Mindestbindungsfrist (Mindestvertragsdauer) halten – diese kann bis zu drei Jahre betragen. Bei einer Sonderkündigung wegen Erhöhung des Zusatzbeitragssatzes gibt es keine Bindungsfrist, auch die Mindestbindungsfrist eines vereinbarten Wahltarifes spielt keine Rolle – außer es wurde ein Krankengeld-Wahltarif vereinbart, dann ist ein Kassenwechsel erst nach Ablauf der dort vereinbarten Mindestbindefrist möglich.
Zu allen Fachfragen rund um die Krankenversicherung ist die Fachabteilung KV der SDV AG gerne für Sie erreichbar:
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