Schlüsselgewalt

Gestern war Weltfrauentag. Und aus der Zeit, bevor es einen Weltfrauentag gab, also Gleichstellung unvorstellbar war, stammt das Institut der Schlüsselgewalt.

Jurastudenten können ein Lied davon singen. Anwälte und nun Versicherer auch.

Schlüsselgewalt, was ist das?

Notwendig war die Einführung dieses Rechtsinstituts zu Zeiten der Hausfrauenehe geworden. Der Mann war arbeiten und die Frau führte den Haushalt. Sie musste in der Lage sein, alle Geschäfte „zur angemessenen Deckung des Lebensunterhaltes“ selbst erledigen zu können. Möglich war das vor der Einführung des § 1357 BGB nämlich nicht. Der ursprüngliche Paragraf gewährte Frauen, durch die dadurch vorgenommene alleinige Verpflichtung des Ehemannes, den für die Haushaltsführung nötigen finanziellen Spielraum. Die Frau konnte also rechtswirksam einkaufen gehen. Mittlerweile gilt der Paragraf für beide Ehegatten. Alltägliche Geschäfte berechtigen und verpflichten also immer beide Ehepartner.

Falls jemand § 1357 BGB nachlesen möchte, hier entlang.

Der aktuelle Fall: Eine leider gekündigte Vollkaskoversicherung

Böse Zungen mögen vermuten, dass hier ein Anwalt besonders spitzfindig war. Aber das kann dahingestellt bleiben: Da kündigt ein Ehemann die Vollkaskoversicherung seiner Ehefrau (wohl ohne Rücksprache mit seinem Versicherungsmakler). Versicherungsnehmer war die Ehefrau. Die Versicherung erstellte daraufhin einen neuen Versicherungsschein, ohne Vollkaskoversicherung. Es kam, was kommen musste. Die Ehefrau verursachte einen Unfall. Die Reparaturkosten von insgesamt knapp 12.500 € waren nicht unerheblich. Nun wandte sich die Frau an den Versicherer und machte geltend, ihr Ehemann sei gar nicht berechtigt gewesen, die Versicherung zu kündigen. Schließlich sei sie Versicherungsnehmerin. Eine entsprechende Vollmacht, dass ihr Mann die Versicherung hätte kündigen dürfen, gebe es nicht.

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Dieser, zumindest nachvollziehbaren, Argumentation setzte der Bundesgerichtshof in letzter Instanz aber § 1357 BGB entgegen (und entflammte wieder einmal eine Diskussion über die Zeitgemäßheit dieses Paragrafen). Kurz zusammengefasst: Die Kündigung einer Autoversicherung fällt unter die Schlüsselgewalt des § 1357 BGB. Eine Vollmacht war also nicht nötig und die Versicherung war wirksam gekündigt.

Für Versicherungsmakler: Von wem sollte also eine Kündigung unterschrieben werden?

Nach obigem Urteil reicht also die Kündigung durch einen Ehegatten, auch wenn der andere Partner Versicherungsnehmer ist. Wie so oft im Leben gilt aber: Besser noch einmal die Bestätigung der anderen „Ehehälfte“ einholen, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Denn es ist nicht sicher gestellt, dass möglicherweise die Kündigung anderer Versicherungen (also z.B. Handyversicherungen oder andere) ebenfalls von einem Gericht zu einem Geschäft zur Deckung des angemessenen Lebensbedarfs gezählt werden würde. Denn das ist, wie oben dargelegt, Auslegungssache.