„SUSTAINABLE FINANCE“ – WILLKOMMEN IN DER NEUEN WELT!

von Oliver Timmermann, Kanzlei Michaelis Hamburg
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Versicherungsrecht. Mehr zum Autor unter www.kanzlei-michaelis.de

Aufgrund der „Komplexität und des technischen Detailgrads“ der sogenannten „Regulatory Technical Standards“ (RTS) verzögern sich die Umsetzung durch die europ. Aufsichtsbehörden weiter. Diese Umsetzung sei nun für den 01.07.2022 angepeilt. Damit besteht für die Zwischenzeit das Problem, dass es zu einer geltenden Verordnung keinen Level-2-Rechtsakt (Konkretisierung) gebe. Das bedeutet: Beim Vertrieb von „Sustainable Products“ sei teils unklar, welche Informationen wie dargestellt oder berücksichtigt werden müssen. Der Vertrieb solcher Produkte sei also „momentan mit einem gewissen Risiko behaftet“. 1

In dem Zusammenhang weist die Kanzlei Michaelis darauf hin, dass die Eiopa am 22.11.2021 ihren „Final Report with draft Regulatory Technical Standards“ präsentiert hat. 2 Diesen Entwurf könne man derweil zumindest als Orientierung heranziehen. Erst die Offenlegungsverordnung ohne die Definitionen der Taxonomie-Verordnung, nun eine Verschiebung der RTS bei schon geltender Offenlegungsverordnung, wie soll der Vermittler, pardon „Finanzberater“ nun agieren? Wir wollen Ihnen eine Empfehlung geben:

Wie agieren Sie in der Zwischenzeit?

1.) Angaben auf der Internetseite zu nachteiligen Auswirkungen

In der Zwischenzeit – bis zur Verabschiedung der RTS – schreiben Sie auf Ihrer Internetseite an der Stelle, an der Sie bislang auf Ihren korrekten Status als Versicherungsmakler nach § 34 Abs. 1 Nr. 2 GewO hingewiesen haben.

Hinweis, dass der Anwendungsbereich der VO (Art. 17, Art. 2 Nr. 11 lit. a) VO eröffnet ist:

„Als Versicherungsmakler beschäftige ich derzeit mehr als drei Beschäftigte (vgl. Art. 17 Abs. 1 Transparenz-VO) 3 und vermittele Versicherungsanlageprodukte.“

Auf die Frage, ob Sie derzeit eine Nachhaltigkeits-Strategie verfolgen, vgl. Art. 3 Abs. 2 VO:

„Ich verfolge derzeit keine eigenständige Nachhaltigkeitsstrategie. Im Rahmen meiner Auswahl der Versicherer und Versicherungsprodukte werde ich die von den Produktgebern zur Verfügung gestellten Nachhaltigkeitsinformationen heranziehen.“

Auf die Frage, warum Sie nachteilige Auswirkungen von Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren bei der Beratung derzeit nicht berücksichtigen, vgl. Art. 4 Abs. 5 lit. b) VO:

Derzeit stehen hierfür die von den europäischen Aufsichtsbehörden zur Verfügung zu stellenden technischen Regulierungs-Standards (RTS) aber noch nicht zur Verfügung. Es kann von mir daher noch nicht detailliert geprüft werden, welche nachteiligen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren infolge von Investitionsentscheidungen bestehen und welche Nachhaltigkeitsrisiken ich in meine Beratung einbeziehen werde.

Auf die Frage, ob Sie in Anbetracht ihrer Größe, der Art und des Umfanges ihrer Tätigkeiten und der Arten der Finanzprodukte, die Gegenstand Ihrer Beratung sind, bei der Beratung die die wichtigsten nachteiligen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren berücksichtigen werden, vgl. Art. 4 Abs. 5 lit. a) VO:

Im Rahmen der anlassbezogenen Beratung werde ich dann bei der jeweiligen Kundenberatung darstellen, ob die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken bei der Investmententscheidung Vor- oder Nachteile nach sich zieht. Die Berücksichtigung erfolgt auf der Basis der Informationen der Versicherung, für deren Inhalt und Richtigkeit ich nicht verantwortlich sein werde.

Auf die Frage, ob und wann Sie beabsichtigen, nachteilige Auswirkungen zu berücksichtigen, vgl. Art. 4 Abs. 5 lit. b) VO:

Ich verfolge die weitere Entwicklung und werde zu gegebener Zeit entscheiden, ob ich eine Nachhaltigkeits-Strategie entwickele und nachteilige Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren bei der Beratung berücksichtigen werde.“

2.) Vergütung und Nachhaltigkeit

Sie haben des Weiteren – an der Stelle auf der Internetseite, wo Sie auf Ihre Vergütungspolitik hinweisen (vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 5 f. VersVermV) im Rahmen ihrer Vergütungspolitik anzugeben, inwiefern Ihre Vergütungspolitik mit der Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken im Einklang steht, und haben diese Informationen auf ihren Internetseiten zu veröffentlichen, vgl. Art. 5 Abs. 1 VO:

„Meine Vergütung für Versicherungsanlage-Produkte erfolgt grunds. unabhängig von den Auswirkungen der Investitionsentscheidungen der Produktgeber auf die Nachhaltigkeitsfaktoren der Finanzmarktteilnehmer. Wenn und soweit Versicherer die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken durch eine höhere Vergütung für die Vermittlung fördern, werde ich diese annehmen.“

3.) Vorvertragliche Informationen

Sie haben in vorvertraglichen Informationen Erläuterungen zu folgenden Aspekten anzugeben, vgl. Art. 6 Abs. 2 und 3 VO:

> der Art und Weise, wie Nachhaltigkeitsrisiken bei ihren Investitionsentscheidungen bzw. bei ihrer Beratung einbezogen werden und

> den Ergebnissen der Bewertung der zu erwartenden Auswirkungen von Nachhaltigkeitsrisiken auf die Rendite der Finanzprodukte, die sie zur Verfügung stellen bzw. die von ihnen beraten werden.

Dies hat im Rahmen der üblichen Informationspflichten zu erfolgen. Die Offenlegung hat sowohl über die Website als auch in Form von (vor)-vertraglichen Kundeninformationen zu erfolgen. Dokumentieren Sie diese Hinweise in der erforderlichen Beratungsdokumentation.

Derzeit empfiehlt sich folgender Satz: „Bei der Beratung von Versicherungsanlageprodukten beziehe ich Nachhaltigkeitsrisiken mit ein, indem ich die dafür vorgesehenen vorvertraglichen Informationen der Versicherer verwende. Bei einer zu treffenden Einschätzung der vergleichbaren oder besseren Rendite gegenüber dem Kunden werde ich das Produkt favorisieren, dass Nachhaltigkeitsrisiken berücksichtigt.“

HINWEIS: Sie sollten als Makler Ihre Auswahl jedoch nicht von vornherein auf Produkte beschränken, die Nachhaltigkeitsrisiken berücksichtigen, da § 60 VVG eine umfassende Produktauswahl von Ihnen verlangt. Darüber hinaus weise ich auf Art. 12 und 13 VO hin, wonach die Angaben jeweils dem „aktuellen Stand“ (vgl. Art. 12 Abs. 1 VO) entsprechen müssen, d.h. nach Erlass der RTS demnächst abermals angepasst werden müssen und Ihre sonstigen Marketing Angaben dürfen nicht im Widerspruch zu den zuvor geäußerten Angaben stehen (vgl. Art. 13 Abs. 1 VO), z.B. können Sie nicht gegenüber Kunden mit Nachhaltigkeits-Produkten werben, wenn Sie zuvor verlautbart haben, keine Nachhaltigkeits-Strategie zu verfolgen.

1 Vgl. VersicherungsJournal.at v. 10.11.2021 unter: www.versicherungsjournal.at/markt-und-politik/in-der-regulierungspipeline-herkulesaufgaben-und-duennes-eis-21572.php
2 Vgl. unter: www.eiopa.europa.eu/media/news/esas-propose-new-rules-taxonomy-related-product-disclosures
3 Art. 17 Abs. 1 VO bestimmt für die Ausnahme: „Diese Verordnung gilt weder für Versicherungsvermittler, die Versicherungsberatung für IBIP anbieten, noch für Wertpapierfirmen, die Anlageberatung anbieten, bei denen es sich – unabhängig von ihrer Rechtsform – um Unternehmen handelt, einschließlich natürlicher Personen und Selbstständiger, sofern sie weniger als drei Personen beschäftigen.“ Nach Art. 17 Abs. 2 VO können die Mitgliedsstaaten aber mittels Rechtsverordnung bestimmen, dass die Vorgaben auch auf diese anzuwenden sind. Ob dies geschieht, ist noch nicht bekannt.

 

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