Mit dem Brexit wird der Versicherungsmarkt komplizierter

Lange Zeit war es unklar, wie es nun mit den Briten in der EU weitergeht. Seit der Wahl Mitte Dezember scheint nun etwas Klarheit eingetreten zu sein, dass ein Austritt tatsächlich erfolgen wird. Doch das kann sich noch bis Ende des Jahres hinziehen, Folgen für die Versicherungen zeichnen sich jedoch jetzt schon ab.

Tagesgeschäft durchaus betroffen

Wie Brüssel und Berlin mit dem drohenden Brexit umgehen, hat massiven Einfluss auf das Tagesgeschäft vieler Maklerbetriebe. Das wird sich auch im laufenden Jahr fortsetzen, der Bundesverband Deutscher Versicherungs-Makler erwartet nämlich eine neue Regulierungswelle. Thomas Olaynig, der Vorstand des Maklerverbandes sieht einen ständigen Wandel in Sachen Brexit-Planung, wobei es nicht nur darum geht, wann Großbritannien die EU verlässt, sondern auch wie. Derzeit stehen zwei Szenarien im Raum – nämlich der geregelte Austritt verbunden mit einer späteren Einigung auf ein Freihandelsabkommen, oder ein ungeregelter Austritt ohne Abkommen.

Deal or No-Deal – das ist hier die Frage

Im Szenario des Deals, das Premier Johnson bis Ende des Jahres ausverhandeln möchte, geht es um die Frage, welchen Stellenwert zukünftig Dienstleistungen im Freihandelsabkommen haben werden. Das vorliegende Austrittsabkommen sieht eine Liberalisierung im Dienstleistungshandel vor, die stärker ausgeprägt ist als die WTO-Regeln. Olyanig geht jedoch davon aus, dass die Versicherungswirtschaft in Deutschland die Freedom-of-Services Regelungen mit Großbritannien im Zuge des Brexits verlieren wird. Diese sind auch als Europa-Policen bekannt und regeln einen einheitlichen Versicherungsschutz für einen internationalen Konzern durch eine Erstversicherungspolice. Diese wird meist im Sitzland der Konzernholding abgeschlossen.

Dies hat zur Folge, dass viele Unternehmen bereits Vorkehrungen für einen No-Deal getroffen haben und zahlreiche Neugründungen von EU-Gesellschaften britischer Versicherungsunternehmen erfolgten. Auf diese wurden in der Folge dann die bestehenden Verträge übertragen.

Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit könnten fallen

Nach einem Hard-Brexit zwischen der EU und Großbritannien könnte es dazu kommen, dass die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit komplett aufgelassen wird und sich der Handel auf die Richtlinien der WTO-Regeln beschränken wird. Das hat zur Folge, dass Versicherer, die in ganz Europa tätig sind, nach dem 31.12.2020 ohne entsprechende Erlaubnis in den einzelnen EU-Staaten nicht mehr mittels Niederlassungsnetzen fungieren, die neben Großbritannien auch die anderen EU-Länder umfassen. Das gilt auch für Versicherungspolicen, die auf der Insel zur Abdeckung von Risiken innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten abgeschlossen werden.

Deutschland gehört zu den attraktiven Standorten

Damit die Briten auch nach einem eventuellen Hard-Brexit am EU-Markt teilnehmen, müssen sie über unabhängige und geschäftsführende Einheiten im EU-Binnenmarkt oder entsprechende Niederlassungen verfügen. Dazu braucht es die Zustimmung bzw. Erlaubnis des betreffenden EU-Staates. Begehrte Standorte für derartige Niederlassungen sind neben den Luxemburg und Belgien auch Frankreich, Deutschland und Irland.

Als deutscher Makler können Sie weiterhin etablierte Einheiten britischer Versicherer für Risikoplatzierungen nutzen. Sollte sich ein ungeregelter Austritt von Großbritannien aber abzeichnen, gilt es allerdings darauf zu achten, dass der Sitz der Versicherer innerhalb der EU ist. Nur so ist eine langfristige Vertragskontinuität gewährleistet.

Wie sind deutsche Policen zur Risikoabdeckung in UK betroffen

Zunächst sind sämtliche Verträge in Großbritannien, die Risiken in Deutschland abdecken, nicht von einem Hard-Brexit betroffen. Denn die BaFin wird diesbezüglich  ihre Befugnis nach § 66a VAG ins Treffen führen. Das hat zur Folge, dass für maximal 21 Monate ab Beginn des ungeregelten Austrittes von Großbritannien die BaFin befugt ist, für die Abwicklung aller bis zum Austritt abgeschlossenen Versicherungsverträge einen extra Zeitraum festzusetzen.

Außerdem wird es entsprechende Verfahren in UK geben, die dafür sorgen, dass EU-Versicherungsgesellschaften auch bei einem ungeregelten Austritt weiterhin Geschäfte in Großbritannien machen können.

Deutsche Versicherer müssen sich beim TPR melden

Dank des sogenannten Temporary Permission Regime, auch kurz TPR genannt, können Versicherungsgesellschaften aus der EU, die eine neue Zulassung für eine Außenstelle in Großbritannien beantragen, auch bis Ende des Jahres FoS-Deckungen anbieten dürfen. Versicherungsgesellschaften, die das nicht tun, werden automatisch dem Financial Services Contract Regime zugeordnet. Das bedeutet, dass sie bestehende Geschäfte zwar weiterführen, allerdings keine neuen Policen abschließen dürfen.

Deshalb ist es wichtig, in den Versicherungsverträgen eine entsprechende Brexit-Klausel einzuführen. So können aufsichtsrechtliche Verstöße ausgeschlossen werden. Wer als Makler auch nach dem Verlassen Großbritanniens vor Ort tätig sein möchten, müssen eine entsprechende Zulassung beantragen, die über das TPR erfolgt.