Grundsätzlich sind Unfälle auf dem Arbeitsweg sehr gut versichert. Doch zu beachten ist, dass es für das Homeoffice eigene Regeln gibt. Ein Gericht hatte diesbezüglich einiges zu klären.
Wann ist ein Unfall im Homeoffice ein Arbeitsunfall?
Seit Ausbruch der Corona-Pandemie arbeiten viele Menschen im Homeoffice. Und es liegt auf der Hand, dass gerade dort der Weg zur Arbeit denkbar kurz ist. Manchmal bedeutet er nur den einen Schritt von einer auf die andere Seite des Küchentisches. Was aber, wenn gerade auf solch kurzen Stecken ein Missgeschick passiert? Oder wenn das Homeoffice in einem anderen Stockwerk liegt und man dazu eine Treppe bewältigen muss. Stolpert man dabei, stellt sich die Frage, ob das dann ein Arbeitsunfall ist.
Gerichtsentscheid lehnte Anerkennung als Arbeitsunfall ab
Erst kürzlich hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen dazu ein Urteil gefällt und hat entschieden, dass Wege innerhalb der eigenen Wohnung generell nicht unfallversichert sind. Der Streit, der bei diesem Gericht zur Aktenzahl L 17 U 487/19 verhandelt wird, ist mittlerweile beim Bundessozialgericht anhängig. Es besteht also die Möglichkeit, dass das Verfahren noch anders ausgeht als derzeit entschieden.
Bei der Frage ob es sich bei einem Unfall zu Hause um einen Arbeitsunfall handelt, geht es oft um Leistungen, die über die normale Unfallversorgung hinausgehen, die die Krankenkasse bezahlt. Themen können also etwa notwendige Reha-Maßnahmen oder schlimmstenfalls ein notwendiger behindertengerechter Umbau der Wohnung sein. Auch die Leistung einer Unfallrente ist möglich.
Konkreter Fall
Im aktuellen Fall, der nun an das Bundessozialgericht weitergereicht wurde, geht es um einen Mann im Raum Aachen, der grundsätzlich im Außendienst tätig ist und die Verwaltungsaufgaben in den eigenen vier Wänden erledigt. Dazu hat er sich ein Büro in seinem Haus oberhalb der Wohnräume eingerichtet, das mittels einer Wendeltreppe erreichbar ist.
Im September 2018 stürzte er auf gerade dieser schwer und erlitt einen Brustwirbeltrümmerbruch. Infolgedessen beantragte er bei seiner Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik die Anerkennung des Sturzes als Arbeitsunfall, was diese ablehnte. Daraufhin klagte er. Das LSG Essen wies die Klage des Mannes ab, mit der Begründung, dass der Weg auf der Treppe weder als ein Betriebsweg noch als Weg zur Arbeit zu werten sei. Der Sturz habe sich vielmehr im sogenannten häuslichen Wirkungskreis ereignet.
Ein Durchschreiten der Haustür ist notwendig
Die Richter aus Essen argumentierten damit, dass ein sogenannter Wegeunfall niemals innerhalb eines Gebäudes bzw. einer Wohnung stattfinden könne. Denn der Weg zur Arbeit beginnt immer erst dann, wenn die Haustüre durchschritten werde.
Auch die Entschädigung nach einem Unfall als versicherter Betriebsweg kommt hier nicht zur Geltung, denn der Betriebsweg ist als Weg zwischen verschiedenen versicherten Tätigkeiten definiert. In dem konkreten Fall hat sich der Versicherte aber auf die Wendeltreppe begeben, um die versicherungspflichtige Tätigkeit im Homeoffice am Tag des Unfalls zum ersten Mal aufzunehmen.
Ausgang offen
Der Betroffene hat Revision beim BSG zur Aktenzahl B2 U4/21 R eingelegt. Der Ausgang des Verfahrens ist durchaus offen, denn bereits 2018 hatten Richter am BSG entschieden, dass ein Sturz auf einer Haustreppe dann ein Arbeitsunfall ist, wenn sich in einem Hochhaus die Wohnung getrennt vom Büro befindet. Ähnlich lautet die Entscheidung des BSG-Unfallsenats aus dem Jahr 2017, wo eine Friseurmeisterin in ihrer Wohnung die Wäsche des Geschäfts gewaschen hatte und im Flur vor der Waschküche zu Sturz gekommen war.
Zu beachten ist, dass im Homeoffice generell kein Versicherungsschutz besteht, wenn Wege in der eigenen Wohnung oder im eigenen Haus zu privat geprägten Tätigkeiten erfolgen, also etwa der Gang zur Toilette oder zur Kaffeemaschine. Dies geht aus einem BSG-Urteil aus dem Jahr 2016 hervor.
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