Wer als ehrenamtliches Mitglied eines Unternehmens bei einer Tätigkeit, die nicht zum Kernbereich seines Aufgabenbereiches zählt, verunfallt, steht dennoch unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. So lautet das Urteil des Landessozialgerichtes Baden-Württemberg vom 30. April 2020 zur Aktenzahl L10 U 4485/18. Um was ging es konkret?
Klages eines Ortsvereinsvorsitzendes des DRK als Ausgangslage
Die Entscheidung des Gerichts erfolgte aufgrund einer Klage eines ehrenamtlich tätigen Ortsvereinsvorsitzenden des DRK. Dort war er mit den satzungsgemäßen Aufgaben wie der Nothilfe von Opfern bei Naturkatastrophen oder bewaffneten Konflikten betraut. Zudem pflegte er zu den anderen Verbänden des Vereins und deren Mitgliedern intensiven Kontakt, um eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zu gewährleisten.
Dazu zählten auch freundschaftliche Beziehungen zu einem Ortsverein, der in einem anderen Landkreis liegt. Mehrmals trafen sich dessen Mitglieder mit dem Betroffenen zu Fortbildungen oder gemeinsamen Übungen. Dazu gehörte auch ein Treffen Mitte März 2017, bei dem es anschließend zu einem folgenschweren Verkehrsunfall kam. Der Ortsgruppenleiter war in einem Bus mit fünf anderen Vereinsmitgliedern unterwegs, als dieser mit einem entgegenkommenden Fahrzeug kollidierte. Dessen Fahrer wiederum war am Steuer eingeschlafen. Der Unfall war folgenschwer, ein Businsasse war auf der Stelle tot, die übrigen wurden zum Teil schwer verletzt, darunter auch der Kläger. Dieser erlitt ein Rasanztrauma sowie schwere Schädel- und Schulterverletzungen.
Die Frage der Versicherung
Der spätere Kläger reichte einen Antrag auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ein, der jedoch abgelehnt wurde. Die Berufsgenossenschaft stellte eine grundsätzliche Versicherung zwar nicht in Abrede, führte jedoch aus, dass diese sich nicht auf gesellschaftliche Anlässe beziehe. Dazu zähle ihrer Meinung nach auch eine freiwillige Teilnahme an einer Generalversammlung eines befreundeten Ortsvereines.
Die Richter des Landessozialgerichtes Baden-Württemberg schlossen sich dieser Meinung jedoch nicht an. Der Klage des Ortsvereinsvorsitzenden wurde stattgegeben und im Urteil festgehalten, dass der Versicherungsschutz den kompletten Aufgabenbereich umfasse, also auch Handlungen und Maßnahmen, die sich aus der Existenz des Betriebes selbst sowie deren Beziehungen im öffentlichen Leben ergeben. Entscheidend ist daher, dass die Tätigkeit, bei der der Unfall geschah, in rechtserheblicher Weise mit dem Unternehmen innerlich zusammenhängt. Der Versicherungsschutz aus der gesetzlichen Unfallversicherung umfasst daher neben dem organisatorischen und administrativen Aufgabenbereich auch vereinsrechtliche Belange bzw. soziale Bereiche.
Der Kläger erfüllte seine Verpflichtungen
Als der Unfall passierte, war der Kläger im Begriff, die Funktion als Vorsitzendes des Ortsvereins sowohl in repräsentativer als auch organisatorischer Hinsicht zu erfüllen. Dass dabei auch ein geselliger Zweck vorlegen habe, sei nur untergeordnet bedeutsam. Deshalb muss die Berufsgenossenschaft den Unfall als Berufsunfall erkennen und die Leistungen, die der Kläger forderte, erbringen.