Der gesetzliche Grundsatz „ambulant vor stationär“ ist im V. Sozialgesetzbuch festgehalten. Doch vielleicht stellt sich ein Versicherungsnehmer die Frage, inwieweit dies auch für eine private Krankenversicherung gilt. Die Antwort lieferte nun das Landgericht Mannheim.
§ 39 des V. Sozialgesetzbuch als Regel
Geht es um die eigene Gesundheit und dafür notwendige Heilbehandlungen, ist der Grundsatz „ambulant vor stationär“ zu beachten. Das ist im § 39 des V. Sozialgesetzbuch so vorgesehen. Ob das auch für PKV gilt, entschied nun das Landgericht Mannheim unter der Aktenzahl 9 O 383/19.
Konkret ging es darum, dass ein Mann, der über eine PKV verfügte, im November 2013 einen Ohnmachtsanfall erlitt und im Anschluss daran über eine schwere Tinnitus sowie Spannungskopfschmerzen und ein psychovegetatives Erschöpfungssyndrom klagte. Im Februar des Folgejahres empfahl sein behandelnder Arzt eine stationäre Behandlung, die der Versicherungsnehmer in einer Klinik absolvieren wollte, für die seine Versicherung bereits bei vorhergehenden Fällen die Kostenübernahme getätigt hatte. Für die nun folgende stationäre Behandlung sah die Versicherung die Lage jedoch anders und verweigerte die Leistung. Der Mann blieb trotzdem drei Wochen in der Klinik und ließ sich behandeln. Die Rechnung darüber in Höhe von knapp 7000 Euro, zudem wurden weitere 1340 Euro für die Leistung „Chefarztbehandlung“ verrechnet. Die Krankenversicherung lehnte die Begleichung jedoch mit dem Verweis ab, dass es keine medizinische Notwendigkeit gegeben habe und die Kostenübernahme bereits im Vorfeld abgelehnt worden sei.
Das Urteil gab der Versicherung Recht
Vor Gericht behauptete der Versicherungsnehmer, dass das komplexe Krankheitsbild einen stationären Aufenthalt in der Klinik aus medizinischer Sicht notwendig gemacht habe. Eine im Vorfeld erfolgte ambulante Therapie war nicht von Erfolg gekrönt. Damit sei er laut eigener Meinung nicht in der Verpflichtung gewesen, diese fortzusetzen, sondern habe sich in stationäre Behandlung begeben können. Abgesehen davon gelte das in § 39 SGB V festgehaltene Primat der ambulanten Behandlung nicht für die PKV.
Im Urteil des Landgerichtes Mannheim wurde der Auffassung des Versicherungsnehmers nicht Rechnung getragen, die Geltungskraft des Prinzips „ambulant vor stationär“ ergebe sich aus den Allgemeinen Vertragsbedingungen. Dort wurden medizinisch notwendige Heilbehandlungen, die stationär durchzuführen sind, von medizinischen Heilbehandlungen klar abgegrenzt. Dies sei nur dann notwendig, wenn ambulante und stationäre Behandlung nicht gleich seien, hielt das Gericht fest. Für zweiteres muss sich eine besondere Notwendigkeit ergeben, zumal auch ein Krankenhausaufenthalt eine außergewöhnliche Belastung für den Versicherungsnehmer sei und auch aufgrund eines erhöhten Risikos an einer Infektion zu erkranken, eine stationäre Behandlung immer als ultima ratio anzusehen ist.
Abgesehen davon hielt das Gericht fest, dass der Versicherungsnehmer hinsichtlich der Entstehung und des Umfanges seiner Ansprüche auf die Interessen seines Versicherers Rücksicht nehmen müsse. Wenn er Therapieformen, die über das Maß des Erforderlichen hinausgehen, in Anspruch nehme, sei ein treuwidriges Verhalten festzustellen.
Die im Vorfeld des stationären Aufenthaltes erfolgte ambulante Therapie war aus Sicht des Mannheimer Gerichtes nicht ausreichend feststellbar – worauf es die Ansprüche des Versicherungsnehmers nicht ablehnte und die Versicherung nicht zahlen musste.
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